© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/00 19. Mai 2000

 
Meldungen

Mitteldeutsche Forschungslandschaft

MÜNCHEN. Allen Hochglanzreportagen über das neue Silicon Valley in der Lothar-Späth-Stadt Jena zum Trotz leiden Wissenschaft und Forschung in den neuen Bundesländern auch zehn Jahre nach der Wende unter erheblichen Standortdefiziten. Klaus Faber erinnert in Perspektiven des demokratischen Sozialismus (Heft 1/2000) daran, daß mitteldeutsche Institutionen nur über zwei Prozent des bundesdeutschen Forschungs- und Entwicklungspotentials verfügen. Dies sei primär eine Folge des Zusammenbruchs der DDR-Industrieforschung. Von 86.000 in der industrienahen Forschung Beschäftigten waren 1997 noch 16.000 übrig – Zahlen, die sich bis heute nicht verbessert hätten. Allein Sachsen werde einer Infrastrukturpolitik gerecht, die zum Ausgleich des Rückgangs in der Industrieforschung erforderlich wäre. Denn nur Kurt Biedenkopfs Kabinett hat die Wissenschaftsausgaben am Gesamthaushalt auf knapp zehn Prozent gesteigert. Die westdeutschen Länder haben in der Regel aber deutlich höhere Anteile.

 

Programmierung des ökonomischen Abstiegs

BONN. Mit den "wahren Hintergründen" des Ingenieurmangels beschäftigt sich ein Aufsatz des Erlanger Professors für Hochfrequenztechnik, Hans H. Brand (Forschung&Lehre, Heft 4/2000). Brand weist nach, daß der starke Ausbau der Ingenieurstudiengänge bis 1990 heutige Klagen über bildungspolitische Versäumnisse nicht rechtfertige. Die Zahl der Studienanfänger in Elektrotechnik, Informatik und verwandten technischen Disziplinen sei erst Anfang der neunziger Jahre drastisch gesunken – als Folge schlechter Berufsaussichten. Ab 1995 registriere man zwar wieder ansteigende Zahlen, doch nun beginne sich die "demographische Misere" auszuwirken. Gelinge es nicht, das unweigerlich kleiner werdende Reservoir potentieller Ingenieurstudenten auszuschöpfen und den Frauenanteil in technischen Studiengängen deutlich zu erhöhen, sei der wirtschaftliche und soziale Abstieg für den Standort Deutschland "wohl vorprogrammiert".

 

Der totale Krieg in US-Militärzeitschriften

HAMBURG. In der Zeitschrift des von Jan Philipp Reemtsma finanzierten Instituts für Sozialforschung, Mittelweg 36 (Heft 2/2000), vermittelt der Zeithistoriker Bernd Greiner interessante Einblicke in die Diskussionen über den "totalen Krieg", wie sie in den zwanziger und dreißiger Jahren in US-Militärzeitschriften geführt wurden. Die strategischen Vordenker begeisterten sich in ihrer Mehrheit für selektive Angriffe auf die wirtschaftlichen und logistischen Nervenzentren des Feindes, während eine Minderheit schon Mitte der zwanziger Jahre Plädoyers für den totalen Bombenkrieg hielt, um die Zivilbevölkerung in ihrer Gesamtheit zu treffen. Einig war man sich aber darin, daß Krieg von der Ethik getrennt werden müsse, so daß Greiner erschrocken meint, eine "Zeitreise in ein moralisches Niemandsland" angetreten zu haben.

 

Bundesfilmarchiv: Filmerbe auf CD-ROM

BERLIN. In diesem Jahr soll das nationale Filmerbe auf CD-Rom verfügbar sein. Eine Arbeitsgruppe der Bundesfilmarchivs hat alle zwischen 1895 und 1998 in Deutschland produzierten Spielfilme in einer Datenbank erfaßt, 17.858 an der Zahl. Eine Datei der 125.000 Dokumentarfilme aus dieser Zeit ist in Vorbereitung. Das Bundesfilmarchiv, in Berlin zusammengewachsen aus den Koblenzer Beständen und dem Staatlichen Filmarchiv der DDR, versteht sich als Dienstleistungsbetrieb für die historische Forschung, ist aber als Großverleih für die Medien die Mutter aller Bilder, mit denen die Guido Knopps dieser Republik unsere Erinnerung formieren.


 
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