Ja, das waren noch Zeiten im Gehege bundesdeutschen Behütetseins! Die Mauer stand noch friedlich vor sich hin, die Atomwaffen waren sicher bei den Russen unter Verschluß, und auch freie Wahlen konnten an Birne nichts ändern. Die Leute hatten die Ruhe, sich um kranke Bäume zu sorgen und Datenerfassung der antiquierten Art, per Fragebogen, konnte noch Gemüter erhitzen. Im Fernsehen gab es nur zweieinhalb Programme und anfangs mit "Dallas" nur einmal in der Woche Soap. Im Osten töfte beschaulich "Ein Kessel Buntes", und der Ossi mußte die lecker-langen Beine seines Fernsehballets noch mit niemandem teilen.

Eine heute weitgehend ausgestorbene Sende-Spezies bevölkerte in diesem Land vor unserer Zeit noch groß und mächtig die Fernsehlandschaft: die Samstag-Abend-Unterhaltungsshow. Dinosaurier wie Hans-Joachim Kuhlenkampf, Frank Elstner oder Joachim Fuchsberger beherrschten selbstbewußt und behäbig die Futterstellen der Zuschauerschaft. Doch dann tauchten kleine aber flinke Quoten-Jäger und Sammler auf, der gewitzte Thomas Gottschalk und in seinem Gefolge der weichspül-nette Günter Jauch. Bescheiden und im Sonntag-Abend-Schatten der großen Tiere siedelten sich die jungen Hüpfer mit der kleinen von-allem-etwas-Show "Na sowas" an. Doch auch in diesem noch Privaten-freien Fernsehgarten Eden gab es gefährliche Räuber: Klaus Kinski wollte Butterblümchen Gottschalk glatt zertreten.

Doch der besser angepaßte Gottschalk stach sie alle aus, nicht nur daß er die Alten multimedial überholte, mit Radio und Kino zog er links und rechts an ihnen stracks vorbei, nein, er schuf auch, wovon Programmdirektoren nur heimlich träumen: die vereinigte Zielgruppe.

Gottschalk holte die Jungen von den Roller-Skates und Omi aus dem Schaukelstuhl. Er war der locker-vom-Hocker mit dem braven Blick, zum ersten Mal seit "Achtundsechzig" war man sich wieder über den Schwiegersohn einig.

Das große Artensterben und den Fall der Mauer überlebte nur "Wetten daß...?", das inzwischen von Gottschalk übernommen und zu einer letzten großen Blüte geführt worden war.

Mittlerweile, nunmehr fünfzig, läßt er sich bitten. Denn sonst tritt der Gelantine-Grzimek nur noch für kleine Tierfilme über Goldbären und Lakritzschnecken vor die Kamera.