© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    22/00 26. Mai 2000


Kolumne
Ängstlich
von Hans-Helmuth Knütter

Hört man unsere Politiker und Medien, dann gibt es trotz blutiger linksextremer Maikrawalle und trotz "unfriedlicher" Demonstrationen nur einen Feind, und der steht rechts. In der Tat! Das Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen hat den Linken eine schwere Niederlage beschert. Die PDS vegetiert bei ein Prozent, die Grünen haben ihre linken Figuren wie Roland Appel abserviert. Es triumphieren die populistischen Technokraten wie Clement und Schröder, unideologisch, postenorientiert, opportunistisch. Ihr Ausputzer und Kofferträger Münterfering aber freute sich vor allem über die Niederlage der rechten Parteien. Warum haben diese Leute bloß eine solche Angst vor dem rechten Gespenst ? Weil die schrecklich zerstrittenen Roten und Grünen nur im Antifaschismus eine gemeinsame Basis haben, in allen Sachfragen aber gegeneinander kämpfen.

Die patriotischen Grüppchen stehen mal wieder dumm da. Vom Ansehensverfall der Altparteien profitieren nicht sie. Das Festhalten der Wähler am Establishment dürfte allerdings vorübergehend sein. Man spürt zwar ein Unbehagen, aber weil man keine akzeptable Alternative sieht (im Gegensatz zu Österreich), hält man erst einmal am Alten, wenngleich nicht Bewährten fest. In einem Märchen ist die Rede von einem alten, einsturzgefährdeten Haus, dessen Wände sich nach allen Seiten neigten und umzufallen drohten. Weil aber das alte Haus nicht wußte, nach welcher Seite es umfallen sollte, blieb es erst einmal stehen.

Der scheinbare Widerspruch löst sich auf: Die Etablierten fühlen sich unsicher, haben aber gleichwohl die Posten besetzt. Die Linke, gestützt durch die Sozialistische Internationale, sichert sich nicht nur in der Verwaltung und den Medien, sondern verankert sich auch im öffentlichen Bewußtsein. Wohin das führen kann, zeigt die Hetze gegen die ÖVP/FPÖ-Regierung Österreichs. Selbstverständlich gelten Demokratie, Meinungsfreiheit, Menschenrechte als europäische Grundwerte – aber nur für links.

Die Furcht vor dem "Haider-Effekt" ist gewaltig. In Belgien, in der Schweiz, in Frankreich, Dänemark, vor allem aber in Italien gibt es starke "rechtspopulistische" Bewegungen – die Angst vor ihnen muß furchtbar sein. Noch furchtbarer ist allerdings der Zustand jener (man scheut das Wort) "Kräfte" in Deutschland, die sich als patriotische Retter anbieten. Antifaschismus und Hetze gegen "Rechts" sind Mittel, den Einfluß der Linken zu rechtfertigen und zu festigen. Das kann nicht oft genug warnend betont werden.

 

Prof. Dr. Hans-Helmuth Knütter lehrt Politikwissenschaften an der Universität Bonn


 
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