© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/00 02. Juni 2000


Bedenke das Ende
von Moritz Schwarz

Die Ansicht "früher war alles besser" trennt nur allzu oft jung und alt. Alt geworden ist offenbar dieser Tage Altbundeskanzler Helmut Schmidt. Zumindest was die Politik angeht, konstatiert dies nun der Sozialdemokrat. Einem Großteil der heutigen Politikergeneration bescheinigt er Karrierismus und Mediengeilheit. Gleichzeitig stellt er einen "qualitativen Abfall" des Bundestages fest. "Heute geht die Hälfte der Politiker in die Politik, um etwas zu werden", schreibt Schmidt am Donnerstag in der Zeit. Den Bundestagsabgeordneten wirft er weiter vor, "sich unermüdlich zu drängeln, um wenigstens einmal im Monat in so einer TV-Sabbelshow auftreten zu dürfen".

Allerdings fragt sich der Beobachter, was bitte, Herr Schmidt ist der Tatbestand? Sind die Nachwuchspolitiker nicht nur einfach konsequent? Sorgen sie nicht durch die Übertragung in der Gesellschaft erlernter Verhaltensweisen für die nötige Nähe der Politik zum Alltag? Woher sollen sie denn die bessere Moral mitbringen, wenn nicht von Zuhause? Und wer hat denn dieses bundesdeutsche Zuhause einst ganz maßgeblich mitgestaltet? Man erinnert sich deutlich an einen beeindruckenden, jungen SPD-Politiker, der selbst ganz preußisch-deutsch, einst für den reinen, wenn auch sozialdemokratischen Materialismus und Egoismus warb. Sicher hat er es gutgemeint. Doch respice finem, mahnt der Lateiner, "bedenke das Ende." Oder in Kohl-Deutsch: "Entscheidend ist, was hinten herauskommt." Schmidt ist selbst mit verantwortlich für den Zustand, den er nun so bitterlich beklagt.


 
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