© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/00 23. Juni 2000

 
Viel Ökologie und etwas Dosenmüll
EXPO 2000: Afrikanische Staaten engagiert im Naturschutz – sie bieten was zum Anfassen
Martina Zippe

Der Naturschutz im EXPO-Motto "Mensch-Natur-Technik" ist in der Afrikanischen Halle das zentrale Thema, dem man sich in überwiegend sinnvollen Projekten annimmt. Ökologisch orientierten Besuchern der Ausstellung können sich dennoch bei manchem Projekt die Haare sträuben: So haben Lesotho und Benin das Verwertungsproblem bei Getränkedosen dadurch zu lösen versucht, daß sie daraus Kneipen und Dörfer daraus gebaut haben. Das "Dosendorf" mit aus Dosen zusammengesetzten Wänden und Möbeln soll eine Attraktion auf der EXPO darstellen. Abgesehen vom zweifelhaften Wohnwert in den sich aufheizenden Dosen drängt sich hier der starke Verdacht auf, daß die Erfinder dieses Dosendorfes weniger die Afrikaner waren, sondern westliche Getränkeproduzenten, die die Akzeptanz und den Absatz ihrer Dosen fördern wollen. Gerade die Aluminiumbestandteile von Dosen sind aber extrem umweltbelastend hergestellt worden: der Abbau des Rohstoffes Bauxit, das zum großen Teil aus Entwicklungsländern stammt, vernichtet den dortigen Regenwald durch großflächige Landschaftszerstörung. Der Energieaufwand für die Aluminiumherstellung übertrifft den anderer Materialien bei weitem. Aufgrund all dieser ökologischen Probleme denkt man in Deutschland inzwischen über ein Zwangspfand auf Getränkedosen nach. Die Afrikaner sollten den Fehler der weiten Verbreitung dieser Dosen in den Industrieländern besser nicht wiederholen. Ein weiteres ökologisch möglicherweise fragwürdiges Projekt zeigt der aufwendige Stand "Wasser-Welt" in der Afrikanischen Halle, bei dem der Besucher nicht direkt erkennt, um welchen Aussteller es sich handelt. Schließlich stellt sich heraus, daß damit für ein Staudamm-Projekt geworben wird, dessen ökologische und soziale Auswirkungen nicht näher dargestellt werden. Die übrigen Länder der Afrikanischen Halle zeigen engagierten Naturschutz. So stellt Kamerun die nachhaltige forstwirtschaftliche Nutzung des Berges Mount Cameroun dar. Das Hauptziel des 1991 unabhängig gewordenen Eritrea ist es, einen dichten Hochwald wiederherzustellen, der zu 90 Prozent zerstört ist durch Einflüsse der Kolonialmächte, so die Aussteller. Die Aufforstung soll in kurzer Zeit bewerkstelligt werden. Außerdem stellt Eritrea die Benutzung von Solarlaternen dar, bei denen die Ottobrunner Firma Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH die High-Technologie liefert, während die Bausätze in Afrika in Zentren mit speziell ausgebildetem Personal zusammengestellt werden. Dies vermindert den Einsatz von Kerosinlampen, die zu Unfällen führen können.

Die Insel Madagaskar legt besonderen Wert auf die Umwelterziehung der Schulkinder, um so den Wald mit seiner einzigartigen Tierwelt vor der Zerstörung zu bewahren. Uganda schützt seine Berggorillas in einem Nationalpark und bestraft Wilderer. Simbabwe thematisiert die Landreform. Leider ist diese Ausstellung – wie einige andere – nur auf englisch. Sambia wandelt die überhand nehmenden Wasserhyazinthen des Landes in Korbmöbel um, die die Besucher anfassen können. Bei einem anderen Stand kann auf Trommeln gespielt werden, was viele Schulklassen auf der EXPO gerne nutzen. Somit bietet die mit natürlichen Materialien gestaltete afrikanische Halle mit ihren vielen Möglichkeiten zum Anfassen von Gegenständen einen starken Kontrast zur ansonsten meist nur rein "virtuell" gestalteten Präsentation anderer Länder.


 
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