© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/00 23. Juni 2000

 
Gotik-Musik: Josef Klumb über die Angriffe gegen ihn und das Geheime Deutschland
"Ich wollte diesen Sturm"
Lars Andersen

Du hast in Deinem berühmt-berüchtigten JF-Interview von 1996 gesagt, daß Du Dich in der geistigen Tradition des Hitler-Attentäters Stauffenberg siehst. Heute giltst Du, seltsamerweise auch aufgrund dieses Interviews, in der etablierten Presse als Nazi, als Neonazi-Sympathisant. Wie kannst Du Dir diese Merkwürdigkeit erklären?

Klumb: Mittlerweile sind es nicht mehr primär die Prädikate der Presse, die mir zu denken geben, sondern die Spannbreite der gegen mich arbeitenden Presseorgane: Von den Antifa-Broschüren über Spiegel und Bild bis zur Konrad-Adenauer-Stiftung werden seltsam deckungsgleiche Bilder gezeichnet. Der Nazi-Stempel ist halt ein Garant, unbequeme Zeitgenossen weitgehend auszuschalten. Mit mir persönlich gesprochen haben die wenigsten. Stauffenberg, ob nun als Ritter im Sinne des "geheimen Deutschlands" oder als Attentäter und Märtyrer für Deutschland, wird vom antifaschistischen Gesichtspunkt her gerne als faschistische Konkurrenz zu Hitler betrachtet. Ein Militär und Adliger kann diesen Herren als Widerstandskämpfer nicht genehm sein.

Auch wird behauptet, Du seist die Speerspitze einer rechtsextremen Unterwanderung der "schwarzen" Gotik-Szene …

Klumb: Das ist so eine linke Ohnmachts-These. Wir, denen man diese Unterwanderung vorwirft, sind schon seit Anbeginn Bestandteil der Szene. Unterwanderungs- und Erziehungsversuche betreiben die Linken – das hat man zum Beispiel auf dem Leipziger Wave-Gotik-Treffen gesehen. Dort wurde mein Auftritt mit meiner neuen Gruppe "Von Thronstahl" auf Veranlassung der Antifa von der Stadt untersagt. Merkwürdige Allianzen. Wir hatten dann doch unseren Auftritt, nur ohne meine Beteiligung. Das Echo war überwältigend. Die linken Unterwanderungsversuche und Einschüchterungsaktionen, wie sie seit Jahren von Alfred Schobert vom "Duisburger Institut für Sozialforschung" gesteuert werden, bewirken erfreulicherweise das Gegenteil. Es entsteht ein Solidarisierungseffekt.

Hast Du nicht aber auch selbst ein bißchen zu der Zuspitzung Deines Rufs beigetragen? Als Verlagsplattform dient Dir jetzt der VAWS-Verlag, der ja auch unter anderem ziemlich Zweifelhaftes führt. Greifst Du nun nach den letzten "Freunden" , die einem die Stigmatisierung läßt – oder ist das die Freiheit des im Prinzip Unpolitischen?

Klumb: Schmerzlich ist es, in einen Topf geworfen zu werden mit sogenannten "rechtsradikalen" Amokläufern, Todesschützen und Psychopathen. Ich sammle weder Waffen noch wähle ich DVU, und meine Überfremdungs-Bedenken äußern sich nicht in einem persönlichen Haß gegen Ausländer. Grundlegend für jede Zusammenarbeit ist mir von je her die menschliche und charakterliche Korrektheit meiner verfluchten Verbündeten. Sehe ich im jeweiligen Menschen, daß sein Handeln auf Liebe basiert, kann ich mit ihm reden oder auch mit ihm zusammenarbeiten. Ein Beispiel ist VAWS. Das kann auch Auffassungsunterschiede im Detail überbrücken. Ich bin nicht an Zerstörungen interessiert. Was fallen muß, fällt von alleine. Die Geächteten von heute erscheinen mit als Garanten der Zukunft. Ich bin nicht vorsetzlich politisch.

Warum steht gerade Deine Person im Mittelpunkt der aktuellen Mediendebatte? Andere Bands, nehmen wir nur einmal Formationen um Michael Moynehan, bieten eigentlich viel mehr Angriffsfläche, werden aber weitgehend in Ruhe gelassen.

Klumb: Es ist im Grunde ganz einfach: Würde ich mich in die Haß- und Gewalt-Schemata pressen, dann wäre für die Linke soweit alles in Ordnung. Mir ist das Radikalen-Ghetto, in das ich gedrängt werde, aber zu eng. Ich suche nach Mitte, nach Gleichgewicht, ich suche das Geheime Deutschland. Diese ersehnte Mittigkeit, das Spüren nach der verlorenen deutschen Mitte, deren Verlust schon seit 1933 begann, das allein ist es, was mich für meine Gegner so gefährlich macht. Das Spiel ist so einfach wie primitiv. Wenn einer wie ich ein höheres menschliches Anliegen von rechts her propagiert, dann macht das die Linke panisch. Sie glaubt ja, hier ein Monopol zu haben.

Von Deiner früheren Band "Weissglut" wurdest Du getrennt, mit Deiner neuen Formation "Von Thronstahl", von der unlängst eine neue CD herausgekommen ist, hast Du praktisch bundesweites Auftrittsverbot. Wie wird es nun weitergehen – verstehst Du Dich in Zukunft mehr als Künstler oder als politischer Akteur?

Klumb: Man möchte ein Mahnmal setzen gegen die Meinungsfreiheit. Ich bin das Exempel. Zwischen meinem Anspruch als Künstler und meiner aufgezwungenen Rolle als politischer Akteur versuche ich mich gegenwärtig irgendwie über Wasser zu halten. Zum Teil wird das schon existentiell. Als Aquarianer liegt mir die Schönheit der Künste dabei mehr als die Häßlichkeit des Politischen.

In Deinem Buch "Leicht entflammbares Material" schreibst Du, der "Revolutionär von heute" sei " nicht mehr jener, der eine zügellose Freiheit fordert … sondern derjenige, der erkennt, daß er frei ist, weil ein Gesetz ihn bindet, und in dieser ihm bewußten Einbindung ist er nicht mehr länger Zerstörer des Althergebrachten, sondern Erbauer einer neuen, auf Ewigkeiten bezogenen Vision." Siehst Du Dich in dieser – durchaus anspruchsvollen – Rolle?

Klumb: Dieser Anspruch leuchtet von fern – wie mir vieles von fern leuchtet, zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang. Ich muß gestehen, daß es mir gefiele, einen lebendigen geistigen Begleiter über die Jahre hinweg gehabt zu haben. Andererseits will ich die tiefen Erfahrungen mancher Abgründe, die ich überwunden habe, nicht missen. Ich wünschte mir, die Ältestengeneration würde der Tatsache gewahr werden,daß die Jungen ihrer Nähe bedürfen. Wir wollen den Kreis wieder schließen, den die Aufklärer-Generation gebrochen hat.Ich sehe in diesen Umbruchzeiten Stefan Georges Prophetien vom "Geheimen Deutschland" und dem "Neuen Reich" wahr werden – gerne würden wir diese Zuversicht mit der älteren Generation teilen. Die ergänzt unseren Brückenschlag von einem Weltzeit-Ufer zum anderen.

Im JF-Interview von 1996 hast Du geäußert, der Sturm – auch um Deine Person – dürfe sich nicht beruhigen. Nun hat er Dich ziemlich aus Deinen auch materiellen Perspektiven gerissen – war das das Erlebnis eines persönlichen Ausnahmezustands wert?

Klumb: Ich sagte damals auch, das ich opferbereit sei. Ich darf und will mich also nicht allzu laut beschweren. Auch wenn ich angesichts meiner Situation und der vorbeigegangenen Möglichkeiten manchmal fluche. Im tiefsten Herzen wollte ich diesen Sturm. Und gerade in den härtesten Momenten weiß ich, daß ich in einem bequemen Dasein nicht meine Erfüllung finde. Sicher sind mir viele privateste Hoffnungen zerbrochen – aber mit 38 Jahren drehe ich nun nicht auf halber Strecke um, wenn es stürmt. Der Kontinent, den ich entdecken werde, ist das "Geheime Deutschland" das imperium europaeum – und zwar zuerst als reine Herzensangelegenheit. Dafür lasse ich mir gerne die Segel in Fetzen reißen. Der Schiffbruch, der uns bevorsteht, läßt mich an heimatlichen Ufern stranden.

 

Josef Wilhelm Maria Klumb ist in Bingen aufgewachsen. Nach einem Hauptschulabschluß stand er zunächst der Punk-Szene nahe, emanzipierte sich aber schon bald. Sichtbares Zeichen war die okkult-trashige Band Circle of Sig Tiu. Anfang der neunziger Jahre gründete er die Gruppe Forthcoming Fire. Mehr und mehr in das Visier der Antifa geraten, mußte er sich 1999 von seinem Neue-Deutsche-Härte-Projekt Weissglut trennen, das einen lukrativen Vertrag mit der Firma Sony Music geschlossen hatte. Mit der neuen Formation Von Thronstahl und einer Teil-Biographie ("Leicht entflammbares Material") ist er jedoch weiterhin künstlerisch sichtbar.


 
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