© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/00 30. Juni 2000

 
Im Dienste der alten Heimat
Jörg Bernhard Bilke, Chefredakteur der "Kulturpolitischen Korrespondenz", geht in den Ruhestand
Albrecht Jebens

Wenn am 30. Juni Jörg Bernhard Bilke, seit 1983 Chefredakteur des Pressedienstes Kulturpolitische Korrespondenz (KK) des Ostdeutschen Kulturrats (OKR), mit 63 Jahren von Bonn ins heimatliche Rodach bei Coburg zurückkehrt, dann ist dies eine doppelte Zäsur. Die eine, der Rentenbeginn, ist rein privat, doch die andere ist politischer und publizistischer Natur, verläßt Bilke doch den OKR just zu dem Zeitpunkt, an dem diesem von der Bundesregierung die öffentlichen Mittel entzogen werden, ein eiskalter, wohl überlegter Schlag gegen die deutschen Vertriebenen. Mit Bilke verläßt darüber hinaus der bewährteste und gebildetste Chefredakteur die Kulturszene der Heimatvertriebenen. Über 600 Ausgaben der KK hat Bilke, seit 1991 zusammen mit Georg Aescht (der im Juli sein Nachfolger wird), gestaltet. Die KK wird in aller Welt, zum Großteil auch im fremdverwalteten deutschen Osten gelesen und stellt ein einzigartiges Verbindungsglied zwischen den deutschen Vertriebenen im In- und Ausland, in der alten und neuen Heimat dar.

Bilke wurde 1937 in Berlin geboren. Noch im selben Jahr zog er mit den Eltern nach Rodach, wo er – wie er betont – unter der Obhut einer sächsischen und einer schlesischen Großmutter aufwuchs. Ab 1958 studierte er in Berlin und Mainz Germanistik und Literaturwissenschaft und schrieb schon damals leidenschaftliche Artikel gegen das SED-Regime: Deshalb verhaftete die Stasi ihn am 9. September 1961 in Leipzig. Er erhielt mehr als drei Jahre Zuchthaus in Waldheim, von wo er 1964 durch Bonn freigekauft wurde. Diese schlimmen Jahre haben Bilke indessen nicht gebrochen, sondern erst recht zu einem Kämpfer für Freiheit, Wahrheit und Gerechtigkeit werden lassen. Als Lektor in Schweden, als Gastdozent an der Indiana-Universität in Bloomington/USA und an der Ostakademie in Lüneburg, als Redakteur bei Inter Nationes, der Welt, der Bundeszentrale für Politische Bildung und schließlich der KK hat er sich immer wieder für seine Ziele unermüdlich eingesetzt. Seine Dissertation behandelte Anna Seghers (1977), so daß er nicht zufälligerweise Vizepräsident des Freien Deutschen Autorenverband (FDA) geworden ist. Bilke hat es nicht immer leicht gehabt; sein vertrauenserweckendes, freundliches und verbindliches, manchmal wohl auch zu mitteilsames, Wesen wurde wiederholt von Vorgesetzten mit hergeholter spitzfindiger Kritik und Zurücksetzung böse entgolten, doch hat ihn dies nie in der Seele treffen können.

Mit Jörg Bernhard Bilke tritt wohl der letzte Chefredakteur in den Ruhestand, der nicht die heutige PC-Technik verwendete, sondern die mechanische Kofferschreibmaschine. Mag diese Technik auch veraltet sein, seine Arbeit war in der fruchtbaren Verbindung von Literaturkenntnissen, Suche nach Wahrheit, Liebe zur ostdeutschen Heimat und Freiheitsbewußtsein immer in die Zukunft gerichtet und hat reiche Früchte getragen. Wir dürfen noch manche wertvolle Arbeit von ihm erwarten.


 
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