© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/00 07. Juli 2000


Drei Weise aus Brüssel
von Andreas Razumovsky

Regelmäßig unvorhersehbar, und eben daher interessant, sind die Entwicklungen jener politischen Konflikte, deren einander wi-derstrebenden Elemente sich jedem Kompromiß widersetzen: von Spin-Doktoren und Volkstribunen geschürte Emotionen gegen die oft aus bloß vorgetäuschter Vernunft abgeleiteten, mitunter nur scheinbar logischen Argumente.

Die Regierung inWien sieht sich zunehmend auf die Retraite-Position der Volksbefragung über die aufgeheizte Meinung der Österreicher zu den "Sanktionen der EU-14" festgelegt. Sie habe sich selbst, so ihre Feinde, in der "Volksbefragungsfalle" gefangen. Aus ihr gebe es kein Entrinnen. Schon wegen des Prestiges: wenn es denn darum gehe, den Großen, den Herren Chirac und Schröder, einen peinlichen "Gesichtsverlust" zu ersparen, berge der angebliche Zwang, das eigene "Gesicht" nicht aufs Spiel setzen zu lassen, unabschätzbare Risiken fürs eigene Land wie für Europa.

In der innerösterreichischen Auseinandersetzung hat bisher das Argument einleuchten können, man möge doch in aller Ruhe die Scharfmacher der Brüsseler Sanktionen sich weiter in ihren eigenen Widersprüchen – nulla poena sine lege – verrennen lassen. Jetzt aber bietet sich der Regierung mit der Zumutung dieses sinnlosen dreiköpfigen "Weisenrates" die Chance, innenpolitisch zu einem weiteren vernichtenden Schlag gegen die "rote" Opposition auszuholen: den von ihrer "Internationale" im Regen stehengelassenen Sozialisten stehen fürchterliche Einbußen an Einfluß, Macht und Prestige bevor.


 
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