© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/00 14. Juli 2000

 
UMWELT
Schnellebige Zeit
Volker Kempf

Allmählich wird es wieder etwas ruhiger um die sechs Pfennig Ökosteuer auf Benzin und Diesel. Doch kaum, daß sich der deutsche Autofahrer an einen Benzinpreis um die psychologische Schallmauer von zwei Mark gewöhnt hat, kursieren in Regierungskreisen angeblich Überlegungen, die besagte Ökosteuer wieder abzuschaffen und durch eine flächendeckende Maut für Autobahnen und Bundesstraßen zu ersetzen – vielleicht nach dem "Autogipfel" im Herbst.

Bei der nicht mehr "deutsch" sein wollenden Bahn kommt das Gewohnheitstier Mensch ebenfalls in Verwirrung. Kaum hat sich der Bahnfahrer an die bestehende Tarifstruktur mit "Bahn-Card" gewöhnt, da sollen die Ermäßigungsregeln mit der besagten Spar-Karte – die 50 Prozent Preisermäßigung gewährt – wieder geändert werden: Nur noch 25 Prozent Rabatt! Als wäre nicht ohnehin alles schon kompliziert genug, muß alles wieder geändert werden. Dabei hatte sich bei den Bahnkunden gerade allmählich der Durchblick eingestellt.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß wir in einer schnellebigen Zeit leben, dann ist er bei der Bahn und bei den Steuerplänen der Bundesregierung zu finden. Manchmal kommt es gar vor, daß das Bahn-Personal selbst den Durchblick verliert.

Etwas konservativer könnte es in Deutschland zugehen. Gewohnheiten haben zur Bewältigung des Alltags durchaus ihre Vorteile. Gerade ältere Menschen fühlen sich überfordert, sich ständig umstellen zu müssen. Das Steuersystem und die Bahntarife sollen einfach, überschaubar und beständig sein. Eigentlich weiß das jeder, nur ändern tut sich nichts – beständig bleibt das Chaos. Weiterhin gute Fahrt wünscht Ihnen Volker Kempf.


 
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