© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/00 14. Juli 2000

 
Thomas Mann - politisch entsorgt
Harald Höbusch Über den Buddenbrooks-Dichter in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg
Tobias Wimbauer

Thomas Mann und kein Ende mag man sich denken. Anläßlich seines 125. Geburtstages berichtete diese Zeitung Über den politischen Thomas Mann, seine Berührungen mit der Konservativen Revolution und seine anschließende Wandlung zum liberalen Befürworter der Weimarer Republik (JF 23/00)

Harald Häbusch ist jemand, der dies alles etwas anders sieht. Sein Buch behandelt den Zeitraum von 1893 bis 1913. So weit, so gut. Er fällt mit der Tür ins Haus, oder besser gesagt: mit dem Vorwort ins Buch, denn sein Ziel scheint es zu sein, Thomas Manns "Betrachtungen eines Unpolitischen" als ein rein Ästhetisches Phänomen behandelt sehen zu wollen. Dies möchte er mit seinem Buch erreichen. Damit die konservative oder gar konservativ-revolutionäre Seite Manns getrost ins Abseits gestellt und somit vernachlässigt werden kann, denn Mann trieb ja immer nur die Sorge um die "Humanität" um, schreibt Höbusch also nicht Über den Thomas Mann des Ersten Weltkrieges, sondern Über den Mann der Vorkriegszeit. Beispielsweise sei Manns Mitarbeit bei der völkisch-nationalistischen Zeitung Das Zwanzigste Jahrhundert seiner eigentlichen Meinung zuwider gewesen.

In kurzen Kapiteln umreißt er Manns frühe Erzählungen und Aufsätze und pickt sich einzelne Aspekte heraus. Das Buch ist gut geschrieben, angenehm zu lesen, zitatenreich, und erfüllt die methodischen Minimalia in jeder Hinsicht. Aber die Absicht, die dahintersteckt, ist Überall zu spüren. TM-Apologeten werden sich darüber freuen, wir aber zucken mit den Schultern.

 

Harald Höbusch: Thomas Mann. Kunst. Kritik, Politik 1893Ð1913. A. Francke Verlag, Tübingen/Basel 2000, 201 Seiten, 48 Mark


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen