© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/00 21. Juli 2000


Stoibers Stunde
von Dieter Stein

Die Abstimmungsniederlage der Unionsführung im Bundesrat, die Schröder zur Durchsetzung der Steuerreform verhalf, hat die CDU in eine tiefe Krise gestürzt. Angela Merkel und Friedrich Merz sind von den eigenen Leuten, vorneweg Eberhard Diepgen und Jörg Schönbohm aus Berlin und Brandenburg, vorgeführt worden. Die für den Zusammenbruch der Unions-Front verantwortlichen Politiker ziehen sich auf den durchaus legitimen Standpunkt zurück, sie hätten nach der Devise "Erst das Land, dann die Partei" gehandelt. Diepgen, der von aufgebrachten CSU-Politikern als "preußischer Warmduscher" abgestraft wird, ist eben zuerst an der Entwicklung seiner Stadt und Schönbohm an Zuschüssen für das Land Brandenburg interessiert.

Das mag für die Länder richtig sein, für die CDU bedeutet die Abstimmungsniederlage unter dem Blickwinkel der Bundestagswahl 2002 eine strategische Katastrophe. Kanzler Schröder hat nun einen Präzedenzfall geschaffen, daß es ihm erfolgreich gelingt, den Widerstand der Union in zentralen Fragen aufzureiben, das gegnerische Lager zu spalten und nach dem uralten römischen Motto "divide et impera" (teile und herrsche)die Opposition auszuschalten.

Angela Merkel ist als schwache Machtpolitikerin vorgeführt, Friedrich Merz angeschlagen. Die CDU scheint praktisch bundespolitisch führungslos, nur noch als Flottenverband landespolitischer Gliederungen. Leuchtturmartig ragt um so mehr der bayerische Ministerpräsident hervor, dessen Kanzlerkandidatur nun zwingend erscheint.


 
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