© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/00 11. August 2000

 
"Faule Säcke"
von Arne Schrader

Nach der Forderung von Arbeitgeberpräsident Hundt, daß Lehrer zwei Wochen ihrer Ferien mit Computerfortbildung verbringen sollten, häufen sich jetzt die Stimmen der Lehrerverbände gegen diesen Vorschlag. Vom Philologenverband hört man, daß diese Forderung eine Ohrfeige für alle Lehrer sei, die sich mit Rechnern beschäftigen. Der Deutsche Lehrerverband läßt verlauten, wie irrig die Annahme sei, davon auszugehen, daß Lehrer ein Vierteljahr Ferien hätten. Vielmehr hätten sie nicht mehr freie Zeit als Beschäftigte in anderen Bereichen, und eben die unterrichtsfreie Zeit.

Daß es Lehrer gibt, die auch diese Zeit zur Erholung nutzen, verwundert nicht in Zeiten des allgemeinen Schwundes von Pflichtbewußtsein. Lehrer sollten grundsätzlich genauso im Umgang mit dem Netz geübt sein wie ihre Schüler. Doch dazu sollte man nicht die unterrichtsfreie Zeit der Lehrer opfern, die ja auch ihren Sinn und Zweck hat, dient sie doch Korrekturen, Vorbereitung u. a. Wäre es nicht zweckmäßiger, Multiplikatoren auszubilden, die dann in den Schulen die weitere Ausbildung individuell an die jeweiligen zeitlichen Gegebenheiten anpassen können? Die von Hundt angestrebte Lösung ist enorm finanz- und zeitintensiv. Beides ist heute nicht nur bei Lehrern Mangelware. Der populistische Vorschlag, die "faulen Säcke" (so der damalige Ministerpräsident Gerhard Schröder) mehr zur Arbeit zu peitschen, sorgte auf jeden Fall für etwas Abwechslung im von Neonazis dominierten Sommerloch.


 
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