© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/00 11. August 2000

 
Hoher Ausländeranteil bei AIDS-Infizierten
Gesundheitspolitik: Behörden in Deutschland besorgt über AIDS-Katastrophe in Afrika
Felix Kilian

Die AIDS-Katastrophe im südli chen Afrika bereitet inzwischen auch deutschen Behörden zunehmend Sorgen. Mit gespannter Aufmerksamkeit blickt man etwa im Gesundheitsministerium in Berlin oder im Sozialministerium des Landes Baden-Württemberg auf den schwarzen Kontinent. Mit Grausen beobachte man, was dort passiere, so ein Sprecher des Stuttgarter Ministeriums. Dahinter steht die Befürchtung, daß sich durch eine verstärkte Zuwanderung aus diesen Regionen die Infektionskrankheit, die man bislang doch einigermaßen im Griff gehabt zu haben glaubte, wieder verstärkt ausbreiten könnte.

Knapp 20 Prozent der etwa 35.000 in Deutschland mit AIDS infizierten Personen stammen aus Staaten mit einem hohem Anteil von mit AIDS infizierten Personen, darunter sehr viele aus Afrika südlich des Äquators. Bei 2500 liegt den Angaben der Deutschen AIDS-Hilfe zufolge derzeit die Zahl derjenigen Personen, die sich jährlich in Deutschland mit der Immunschwächekrankheit neu infizieren. Was aber kaum bekannt ist: Auch nach dem neuen Infektionsschutzgesetz, das zum 1. Januar 2001 in Kraft treten und das alte Bundesseuchengesetz ersetzen wird, ist AIDS lediglich anonymisiert meldepflichtig.

Schon im Frühjahr 1998 hatten die Republikaner im Stuttgarter Landtag dieses Thema aufgegriffen (DS12/2596). So wurde gefragt, warum AIDS in Deutschland nicht zu den namentlich meldepflichtigen Infektionskrankheiten zähle und inwiefern die Landesregierung Handlungsbedarf in der Frage einer Meldepflichtigkeit bislang nicht meldepflichtiger Infektionskrankheiten wie etwa der Immunschwächekrankheit AIDS sehe.

Damals beruhigte der damalige Sozialminister Vetter (CDU). Der Gesetzgeber habe bewußt auf eine namentliche Meldepflicht für AIDS-Infizierte verzichtet, "um bei den Betroffenen Unsicherheiten und Ängste vor Diskriminierungen und Übergriffen zu vermeiden."

Nach der Laborberichtsverordnung aus dem Jahr 1987 sei jeder Arzt, der HIV-Tests durchführt, angehalten, die positiven Ergebnisse dem zentralen AIDS-Infektionsregister beim Robert-Koch-Institut in Berlin in Form eines anonymen Berichts zu melden. Das Robert-Koch-Institut werte diese Meldungen für statistische Zwecke und zur epidemiologischen Beobachtung aus. Durch die anonyme Datenerhebung solle gewährleistet werden, daß potentiell Infizierte nicht aus solchen Ängsten und Unsicherheiten heraus auf die Durchführung eines HIV-Tests verzichteten und durch ein solches Verhalten einer weiteren epidemischen Ausbreitung der Infektion Vorschub leisteten. Das Ministerium verwies die Antragsteller darauf auf den Entwurf eines neuen Infektionsschutzgesetzes, welches an die Stelle des geltenden Bundesseuchengesetzes treten sollte. Dieser enthalte auch Änderungen bezüglich der Meldepflichten und der Verbesserung des Meldewesens insgesamt. "Im Hinblick auf das Infektionsschutzgesetz werde deshalb derzeit kein weiterer akuter Handlungsbedarf gesehen", so Minister Vetter.

Diese Beurteilung wird bis heute auch von der Bundesregierung geteilt, wie das Gesundheitsministerium jetzt bestätigte. "Eine namentliche Meldepflicht bei AIDS würde die sowieso schon überlasteten Gesundheitsämter vor das nahezu unlösbares Problem stellen, wie mit den betroffenen Personen umzugehen wäre", so die Sprecherin des Gesundheitsministeriums. Keines der 16 Bundesländer habe im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens auf einer anderen Regelung bei der Meldepflicht von AIDS bestanden. Tatsächlich sieht man in den Bundesländern keinen Grund für panische Reaktionen. Die Zahlen von neu Infizierten blieben einigermaßen konstant, betont man im Stuttgarter Sozialministerium. Zwar gebe es bei Flüchtlingen einen leichten Anstieg zu verzeichnen, doch halte sich das Problem in engen Grenzen. Was allerdings passiere, wenn die Zahl infizierter Flüchtlinge aus Problemregionen signifikant ansteige, vermöge niemand zu sagen.

Tatsache ist, daß mit AIDS infizierte abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimat abgeschoben werden können, wenn eine medizinische Grundversorgung im Herkunftsland sichergestellt ist. Ist die Krankheit dagegen bereits ausgebrochen, wird ein rechtmäßig abgelehnter Asylbewerber in aller Regel nicht mehr abgeschoben, sondern in Deutschland medizinisch versorgt.


 
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