© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/00 18. August 2000

 
Zeitschriftenkritik: Germanen-Glaube
Das Wissen der Vorfahren
Claus-M. Wolfschlag

Germanen-Glaube fungiert als Zeitschrift der "Germanischen Glaubens-Gemeinschaft e.V." (GGG), die im September 1991 beim Vereinsregister Berlin eingetragen wurde. Die GGG ist ein Zusammenschluß neuheidnischer Traditionalisten, die sich bewußt in die Erblinie der 1907 gegründeten gleichnamigen Gruppe um den völkischen Schriftsteller und Maler Ludwig Fahrenkrog stellen. Ziel der Gemeinschaft ist es, die vorgeschichtliche Naturreligion der Germanen und Kelten zu erforschen und zu praktizieren – und dadurch zur Erhaltung von Mutter Erde beizutragen. In Publikationen und Vorträgen wird versucht, das alte Wissen der Vorfahren an interessierte Bürger der Gegenwart zu vemitteln. Regelmäßig werden Feste des Jahres- und Lebenskreises an alten Kultstätten gefeiert. Besondere Arbeitskreise befassen sich mit Magie und Hexentum. Zugleich distanziert sich die GGG offiziell von politischen Zielen: "Die Germanische Glaubens-Gemeinschaft distantiert sich von Rassismus und Faschismus; sie verfolgt keinerlei politische Ziele. Heidentum bedeutet eine tolerante Einstellung zum Anderen."

Dieses Bekenntnis sollte nicht übersehen lassen, daß die GGG zu den traditionalistischen neu-heidnischen Gruppierungen gehört. Das läßt sich vor allem an ihrer Zeischrift Germanen-Glaube erkennen. Das Blatt präsentiert sich in fast altertümlichem Design. Germanische Schlingornamente zieren als Rahmen die Artikel, Zeichnungen der völkischen Maler Fidus und Franz Stassen vom Anfang des 20. Jahrhunders dienen als Bildschmuck, der Thorshammer prangt strahlend im Titel, da man die von anderen Gruppen gerne benutzte "Irminsul" als Symbol der "semitischen heiligen Dattelpalme" interpretiert und ablehnt. Gern werden etwas antiquiert wirkende Schreibweisen ohne Rücksicht auf moderne Duden-Vorgaben benutzt. Fremdworte sind nicht allzu gern gesehen. Auch erscheint die ganze Zeischrift seit einiger Zeit wieder in Frakturschrift, da sich die vor einigen Jahren eingeführte lateinische Schrift als kontrapoduktiv herausgestellt hatte. Neue, junge Leserschichten konnten nicht gewonnen werden, eher wurden traditionalistische Hardliner verschreckt.

Die Kritk am Christentum bildet einen festen inhaltlichen Bestandteil der verschiedenen Beiträge. Diese reichen von längeren Abhandlungen über alte religiöse Kunstwerke, über alte germanische Götter- und Heldenmythen, bis zu Artikeln über Begebenheiten der Gegenwart. Berichte aus dem Vereinsleben runden das Blatt ab. Auch hier läßt sich das streng-traditionalistische Element erkennen. Géza von Neményi, Vorsitzender des Godenrates, wird als "Alsherjargode" bezeichnet. Und die alljährlichen Großversammlungen in Berlin heißen "Allthing".

Neben ihrer Zeischrift vertreibt die GGG auch eine Schriftenreihe mit Sonderheften zu zahlreichen Themen. Unter anderem verfaßte Géza von Neményi ein 20seitiges Heft über "Heidentum und NS-Ideologie", in dem die Repression des Nationalsozialismus gegen Neuheiden ausführlich geschildert wird.

Insgesamt ist Germanen-Glaube eine strittige, aber zugleich charmante Lektüre, die den Leser in eine etwas andere Welt entführen kann und dadurch neue Horizonte ermöglicht.

Der "Germanen-Glaube" erscheint sechsmal jährlich (Am Berg 1, 14806 Werbig). Das Jahresabo kostet 25 Mark.


 
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