© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/00 18. August 2000

 
Meldungen

Das Deutschlandbild der Deutschen Post AG

FRANKFURT/MAIN. Die Niederlassung Philatelie ist ein Servicedienst der Deutschen Post AG, die eine große Gemeinde von Briefmarkensammlern betreut. Neuerdings hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, ihren Kunden Anregungen für Themen- und Motivsammlungen zu geben. So etwa würde das Sammelgebiet Deutschland alle von deutschen staatlichen Postverwaltungen ausgegebenen Postwertzeichen umfassen – von den "altdeutschen Staaten" über Kaiserreich, Weimarer Republik und Drittem Reich bis zur BRD. Daß die DDR in diesem Geschichtsbild nicht vorkommt, ist auffällig. Die eigentliche manipulative Energie entlädt sich aber in einer beigegebenen Karte, die den Flickenteppich des Deutschen Reiches zwischen 1815 und 1871 zu zeigen vorgibt, die jedoch auf der Linie Kolberg-Görlitz abrupt endet. Deutschland hörte also schon 1871 an der Oder auf. Ein derartig volkspädagogisch gemeinter Anachronismus ist kein singulärer Ausrutscher. Als vor einigen Jahren eine Serie mit historischen Bauernhäusern herauskam, verschickten die Post-Philatelisten an ihre Kunden eine Deutschland-Karte von 1648 – selbstredend auf BRD-Format von Anno 1997 reduziert.

 

Ausländische Forscher an deutschen Unis

BONN. Wer jenseits tagesaktueller Hysterien die Zeichen der Zeit, zum Beispiel in Form von Statistiken, zu lesen versteht, könnte auf die Idee kommen, daß die herrschenden Inländerfeinde ihr Medienspektakel "Fremdenfeindlichkeit" bislang mit mäßigem Erfolg inszenieren. Denn sonst wären die großen deutschen Universitäten für ausländische Spitzenwissenschaftler nicht so attraktiv, wie das jetzt eine Auswertung der Alexander von Humboldt-Stiftung belegt, die jährlich 500 hochdotierte Forschungsstipendien an ausländische Spitzenwissenschaftler vergibt. Vordere Plätze belegen dabei die Universitäten München, Heidelberg und die FU Berlin. Die Berliner Humboldt-Universität hat im Vergleich mit dem Zeitraum 1990–1995 inzwischen sogar sehr deutlich an Attraktivität gewonnen und liegt vor Göttingen und Freiburg westdeutschen Hochschulen.

 

Ungarns letzter Gefangener kehrt heim

BUDAPEST. In der vergangenen Woche gab es eine bemerkenswerte Einreise nach Ungarn: András Tamás, der wohl letzte Kriegsgefangene des 2. Weltkrieges, konnte nach 55 Jahren aus russischer Haft in seine Heimat zurückkehren. Nach seiner Gefangennahme 1945 wurde Tamás 1947 in die psychiatrische Anstalt von Kutelnitsch eingeliefert, wo er seitdem in totaler Isolation lebte. Tamás, dem die Errungenschaften der modernen Welt völlig unbekannt sind und der das Ungarisch der vierziger Jahre spricht, wird von der ungarischen Fluggesellschaft MALEV gratis nach Budapest transportiert. Der ungarische Pharmakonzern Gedeon Richter AG übernimmt, ebenfalls kostenlos, die Betreuung des Ex-Kriegsgefangenen, den man nun schrittweise an die Lebensbedingungen des 21. Jahrhunderts gewöhnen will.

 

Reemtsma/Heer: Ende einer Freundschaft

HAMBURG. Persönlich hatte die Chemie schon lange nicht mehr gestimmt. Doch spätestens nachdem die Historiker Bogdan Musial und Krisztián Ungváry der Anti-Wehrmachts-Schau die wissenschaftliche Grundlage entzogen hatten, dürfte auch die zweckrationale Arbeitsbeziehung zum Ausstellungsmacher Hannes Heer von ihrem Zahlmeister, dem Hamburger Milliardär Jan Ph. Reemtsma, auf den Prüfstand gestellt worden sein. Der Dissens über die Neukonzeption dürfte jetzt dazu beigetragen haben, daß Heer zum Jahresende seine Kündigung erhielt.


 
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