© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/00 25. August 2000

 
Triviale Bilanzen
Wie Parteienforscher ihre Patiencen legen

Ob die Politologie wirklich den Rang einer Wissenschaft behaupten kann, ist nirgends fragwürdiger als auf dem Felde der Parteienforschung. Diese Zweifel bestätigt wieder einmal die Lektüre des jüngsten Heftes der Zeitschrift Politische Bildung. Beiträge zur wissenschaftlichen Grundlegung und zur Unterrichtspraxis (Heft 2/2000). Führende Politikwissenschaftler, die sich als Parteienforscher abmühen, wie Peter Lösche (zur SPDin den neunziger Jahren), Josef Schmid (zur CDU: "Von Kohl zum Chaos?"), Wichard Woyke (die CSU als bayerische Staats- und Bonner Oppositionspartei), Gudrun Heinrich (Grüne), Hans Vorländer (FDP), Patrick Moreau (PDS) und Eckhard Jesse (Rechtsextremistische Parteien) versuchen darin, Kurzmonographien zu "Parteien und Parteiensystem in Deutschland" zu liefern. Geraten ihre Referate über Programmatik und ideologische Profile und Machtstrukturen kaum über Bekanntes hinaus, gleiten die aus solchen Befunden gezogenen Schlüsse geradezu ins Triviale ab. So etwa, wenn Schmid prognostiziert, daß die CDU nach Kohl kaum zu "neokonservativen" Politikformen finden werde. Als Zukunftsperspektive den Patiencekarten abgelesen scheint auch Moreaus Aussicht auf die bis 2002 andauernde Führungskrise der PDS. Beruhigendes, wenn auch nicht Originelles, kommt von Jesse: die "braune Gefahr" sei Popanz, nicht zuletzt weil Rechtsextreme im intellektuellen Milieu "völlig isoliert" dastünden.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen