© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/00 25. August 2000

 
Das letzte Gefecht
Die "taz" im Rudi-Dutschke-Haus kämpft erneut um ihr Überleben
Alexander barti

Vor 21 Jahren wurde eine Zeitung geründet, um den Gegnern des "kapitalistischen Systems der BRD" ein publizistisches Sprachrohr zu bieten. Manche Kriege verlieren mit der Zeit ihren Sinn, was für die Beteiligten besonders bitter ist. Als ferner Beobachter kann man sich ein gewisses Grinsen nicht verkneifen, wenn man die traurigen Frontmeldungen über den verzweifelten Kampf der tageszeitung (taz) ums Überleben liest. Man hört von abstürzenden Abozahlen, von Verbindlichkeiten über 19,6 Millionen Mark und von der Orientierungslosigkeit einer "Elite", die mit Ironie und linker Betroffenheitsphraseologie ihre Botschaft nicht mehr an den Leser bringen kann. Schade. Während Ex-RAF-ler Horst Mahler, dank NPD-Beitritt schon wieder ein Staatsfeind, auf seiner homepage mit der taz posiert, liest Außenminister Joseph Fischer nur noch selten sein ehemaliges Leib- und Magenblatt. Und auch Gesundheitsministerin Andrea Fischer, einst Korrektorin der taz, findet die Berichte faktenarm.

Dabei gäbe es doch gerade in dem heißen Sommer 2000 genügend Stoff für spannende Reportagen. Aber anstatt die "Medienkampagne gegen Rechts" provokativ-witzig auszuschlachten, wie man es von den taz- Redakteuren erwarten würde, klingen ihre Schlagzeilen genauso bieder und scheindramatisch wie die der neo-bürgerlichen Presse. Nun will man mit neuen Konzepten die Verkaufzahlen nach oben drücken. Zum Beispiel soll die achtseitige Wochenbeilage auch auf türkisch erscheinen. Gerade dieser Versuch zeigt, wie hoffnunglos rückständig der Geist in dem taz-eigenen Rudi-Dutschke-Haus ist: man scheint nicht begriffen zu haben, daß gerade die dritte Gastarbeitergeneration dabei ist, die eigenen Wurzeln wiederzuentdecken. Und diese Wurzeln, die nicht in einer liberalen, abendländisch-aufgeklärten Tradition ruhen, werden mit der kraftlosen Dialektik eines Regierungsorgans schwerlich etwas anfangen können.


 
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