© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/00 01. September 2000


Unideologie als Tarnung
von Richard Stoltz

Im CDU-regierten Thüringen ist der Verfassungsschutz endlich zu des Pudels Kern vorgestoßen. Die Staatsschützer im Lande, verlautbarte sein Präsident, hätten es zunehmend mit "unideologischem Rechtsextremismus" zu tun. Der Kampf in Thüringen müsse zur Zeit in erster Linie gegen diesen "unideologischen Rechtsextremismus" geführt werden. Damit sind nun die Ostthüringer Zeitung (früher: Volkswacht) und andere Organe des "zivilen Widerstandes gegen Rechts" der Mühe enthoben, bei kriminellen Vorkommnissen immer nach dem "rechten Hintergrund" suchen zu müssen. Keine verbotenen Symbole oder Gesänge sind mehr nötig, keine Glatzen oder springende Stiefel. Kriminelle Vorkommnisse sind per se "rechts".

Auf so etwas muß man kommen! Nicht nur das Geschäft der Medien wird durch die neue Sprachregelung erleichtert, sondern auch die Arbeit weiterer Organe der Volkswacht, der Pädagogen, der Hauswarte, der Jugendgruppenleiter. Unideologie, so werden sie durch den Verfassungsschutz belehrt, ist nichts als Tarnung. Wer sich schlau aus allem heraushält, wer nicht permanent "gegen Rechts" Stellung nimmt und ausdrücklich keine Ideologie vertritt, der ist in Wirklichkeit ein Rechter, vulgo reif für den Knast, zumindest reif für die Denunziation. Jetzt können die Maßnahmen richtig in Fahrt kommen.

Alt-Kaderherz, was willst du mehr? War es eigentlich nötig, die SED in PDS umzubenennen? Im zehnten Jahr der deutschen Einheit sind in Thüringen offenbar alte DDR-Zustände wiederhergestellt.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen