© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/00 08. September 2000

 
Christoph Zöpel
Er mag uns nicht
von Wilfried Böhm

In Kanzler Gerhard Schröders Regierung sitzt ein Staatsminister, der erklärtermaßen "die Deutschen nicht mag". Das teilte unlängst der Spiegel seinen Lesern mit. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt und SPD-Bundestagsabgeordnete Christoph Zöpel hatte das bei einer Regierungskonferenz in Brüssel erklärt, bei der sich die Vertreter der EU-Staaten mit der Reform der Gemeinschaft beschäftigen.

Mit Gefühlen zwischen Entsetzen und Vergnügen hörten die Regierungsvertreter der anderen Mitgliedsstaaten den Plaudereien des deutschen Vertreters zu, der sich nur selten an die Sprechzettel der Diplomaten des Auswärtigen Amtes hielt, sondern munter drauflos schwadronierte: Es gebe eigentlich gar kein Deutschland, jedenfalls nicht als Nationalstaat, nur Bayern, Preußen, Westfalen. Ob er Deutscher oder Pole sei, das wisse er nicht so genau. Den Deutschen kreidet er an, daß er nicht in seiner Geburtsstadt Gleiwitz in Oberschlesien habe leben können.

Und dann zitiert der Spiegel wörtlich: "Von daher mag ich die Deutschen nicht." Kein Wunder, daß den anderen Teilnehmern solcher Sitzungen bei diesen und anderen Äußerungen des deutschen Staatsministers "das blanke Entsetzen" im Gesicht stand. Doch erst, als sie von Zöpel hören mußten: "Diplomat, das ist für mich ein Schimpfwort" und er sich mit Blick auf den beamteten Staatssekretär Gunter Pleuger, der ihn stets nach Brüssel begleitete, darüber beschwerte, "daß wir hier in Brüssel zu zweit rumhängen", reichte es dem Außenminister. Joseph Fischer entzog Zöpel die EU-Zuständigkeit, was der Apparat des Auswärtigen Amtes, in dessen Abhängigkeit sich Fischer von Anfang an begeben hat, "genüßlich zur Kenntnis nahm", aber zugleich vom Kern des Skandals ablenken sollte.

Der Bundeskanzler handelte überhaupt nicht. Hätte Zöpel am Konferenztisch gesagt: "Ich mag die Briten, die Franzosen, die Spanier nicht", wäre er gewiß sofort entlassen worden. Hier aber geht es um noch mehr. Hat doch Zöpel in seinem Amtseid geschworen, seine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen, dessen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm zu wenden. Wenn er die Deutschen nicht mag, dann ist das nicht nur die Marotte irgendeines Bürgers, der denken und empfunden kann, was immer er will.

Zöpel hat die Deutschen und deren Interessen zu vertreten. Wie will er denn zum Wohle von Menschen wirken, die er nicht mag? Es muß jedenfalls bezweifelt werden, daß der Herr Staatsminister diese Selbstüberwindung aufbringen könnte.

Doch noch immer hat der Bundeskanzler diesen Staats-minister nicht entlassen. Von Zöpel weiß man allerdings, daß er zum linken Flügel der SPD gehört, wo Illusionen, Realitätsblindheit, ideologische Borniertheit, aber auch Kumpanei den Ton angeben. Handelt darum der Kanzler nicht? Schweigen darum die Medien? Warum aber hört man nichts von der Union, die sich die CDU Deutschlands nennt?


 
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