© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/00 08. September 2000

 
Ein moderater Patriot
Was die Gesinnungspolizisten in der "Welt" und der "Berliner Morgenpost" übersehen
Janina Ahlers

Wo Axel Cäsar Springer politisch einzuordnen ist – für eine solche Standortbestimmung liefern seine "kritischen" Biographen Henno Lomeyer ("Springer – ein deutsches Imperium", 1992) und Michael Jürgs ("Der Fall Axel Springer", 1995) bestenfalls Hinweise. Wohl auch deshalb, weil beide die von ihnen verwendete politische Begrifflichkeit nicht geklärt, nicht definiert haben, was das für ein "Konservatismus", geläuterter "Nationalismus" oder rechter "Neoliberalismus" war, mit dem sie den Hamburger Verleger eher unsicher-experimentell in Beziehung setzen. Springer selbst sah sich gern als "moderaten Patrioten". Was darunter zu verstehen ist, brachten seine zahlreichen Leitartikel und Reden aber ebensowenig in ein schlüssiges Konzept, auch dann nicht, wenn er sie unter einem griffigen Titel wie "Aus Sorge um Deutschland" zwischen zwei Buchdeckel preßte. Das diffuse politische Selbstverständnis scheint auffällig zu korrespondieren mit dem Ruf, den der nicht nur vom Revolvergeist der Bild-Zeitung geprägte, mit dem Odium des Unseriösen behaftete Journalismus seines Hauses genießt und der heute noch sein Flaggschiff die Die Welt selbst hinter einer inzwischen intellektuell arg ausgezehrten FAZ wie die zweite Wahl aussehen läßt.

Doch bei aller Widersprüchlichkeit seiner Positionen scheint Springer drei weltanschaulichen Dogmen beharrlich treu geblieben zu sein: dem proamerikanischen Antikommunismus, dem mit deutscher Schuld begründeten und geradezu obzessiv propagiertem Pro-Zionismus und, schon wird es wieder diffus, dem Glauben an die politische Bestimmung der deutschen Nation.

Die sozialliberalen Ostverträge hatte der Verleger fast ein Jahrzehnt lang als "Ausverkauf" angeprangert, auch weil sie ohne jede Gegenleistung geschlossen worden seien. Springer nahm die Parole "Verzicht ist Verrat" ernst.

Daß Axel Springer als "Revanchist", als den "deutschen Archipel GULAG" in der DDR anprangender "Entspannungsgegner" und "Kalter Krieger" ein Lieblingsfeind jenes Medienkartells war, an das sich die Kapitäne der Springer AG heute an-linken, bietet sicher einmal ein spannendes Kapitel in der noch zu schreibenden deutschen Pressegeschichte, das sich eines polemischen, gegen die Anfänge des linken Marsches durch die Medieninstitutionen gerichteten Begriffs Springers als erkenntnisleitender Überschrift bedienen könnte: "Gesinnungsgleichheit".


 
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