© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/00 08. September 2000

 
Internet: Ungestört vermehren sich linksextreme Gewaltseiten
Exekution per Mausklick
Manuel Ochsenreiter

Wer heute eine Homepage betreibt, muß schon ganz genau aufpassen, was er reinschreibt oder besser läßt. Auch sonst kann es in den sogenannten Chats böse Überraschungen geben. Selbsternannte Moralwächter und Möchtegern-Simon-Wiesenthals schlagen ihre freie Zeit damit tot, Rechte zu jagen. So sollen sich auch beim Online-Anbieter AOL in letzter Zeit vor allem solche Menschen um die begehrten Online-Lotsen Posten bemühen, ein Posten, der den Inhaber mit erheblich mehr Rechten ausstattet als den normalen User.

Ein Blick auf die linke Seite des Netzes lohnt da allemal, auf Seiten, die heute selbst eine vormals bürgerlich-konservative Presse für unterstützenswert hält und sich fleißig darauf verlinkt.

Ohne Scheu ist da zum Beispiel die Uni Bochum, die dem Wissenschaftsladen Dortmund e.V. (Lindemannstr. 84, 44137 Dortmund) eigenen Angabe zufolge einen Raum zur Verfügung stellt. Dieser Verein betreibt die Domain www.free.de , namentlich einem gewissen Johannes Joemann zugeordnet. Auf dessen Server findet sich eine illustre Gemeinschaft aus seriös angehauchten Vereinen wie zum Beispiel dem Jugendring Dortmund, oder einer Gruppe mit dem Namen THB e.V. Technische Hilfsmittel für Behinderte auch zum Beispiel die FAU, Freie ArbeiterInnen Union, deren fortdauerndes Revolutionsgesülze fast nur noch als ermüdend zu charakterisieren ist.

Scrollt man weiter nach unten, findet sich dort Terz autonome, kostenlose Stattzeitung für Politik und Kultur in Düsseldorf und Umgebung

Gewollt zynisch berichten die Macher über Hausbesuche bei Rechten in Düsseldorf und näherer Umgebung. Bei diesem Spaziergang ging es darum, die Nachbarschaft aufzuklären. Eine gelungene Aktion, so schließt der betreffende Beitrag. Wie nah man dort tatsächlich am Rande der Lächerlichkeit spazierte wird dann klar, wenn man liest, daß die mutigen Antifaschisten auch vor einem Sonnenstudio des Düsseldorfers Torsten Lemmer demonstrierten und Parolen skandierten.

Ein weiterer linker Vernetzer sind die Seiten von www.Nadir.org , registriert von Interzone, in der Klaus-Groth-Str. 84 in 20535 Hamburg. Zu dessen Unterstützern gehört auch ein Rotes Büro Aachen, welches Lust auf Kampf für Veränderung machen will. Ziel ist, hierbei eine linke Interventionsfähigkeit zu erkämpfen. So liest man weiter typisch im Stil linksextremer Eiertänze um das, worum es eigentlich geht: Gewalt. Das beginnt mit dem Überkleben von Wahlplakaten mit "Wer uns wählt, wählt den Krieg" und endet bei zweifelhaften Demonstrationsaufrufen. Die zugehörige Gruppe Ermittlungsausschuß, die sich vor allem um die laufenden Prozesse und die Rechtshilfe kümmert gibt bei ihrer Selbstvorstellung die einzig wichtige Empfehlung: "Und nochmal für alle: Jeder Brief ist lesbar, jedes Telefonat ist abhörbar und in der Kneipe kann jedeR neben dir sitzen. Also grundsätzlich und nach wie vor: Im Zweifelsfall MAUL HALTEN!!!"

Aber auch die Revolutionäre Linke Initiative gehört zu den Nadir-Gruppen. Sie veröffentlicht auf ihren Seiten das "Handbuch des Stadtguerillero" als rein zeithistorisches Dokument versteht sich. Aber es ist trotzdem interessant, einen Blick in dieses Handbuch zu riskieren: "Das Wichtigste bei der technischen Vorbereitung des Stadtguerillero ist jedoch das Erlernen der Waffenhandhabung, z. B. des Maschinengewehrs, des Revolvers, der automatischen Gewehre, des FAL, der verschiedenen Typen von Gewehren, Stutzen und Mörsern. Die Kenntnis der verschiedenen Waffenarten und Sprengkörper ist ein Punkt, der berücksichtigt werden muß, erfordert doch der Gebrauch von Feuerbomben, Rauchbomben und Bomben anderer Art notwendig Vorkenntnisse. Unter den Sprengstoffen muß besonders der Umgang mit Dynamit bekannt sein. Ein Stadtguerillero muß Waffen herstellen und reparieren, Molotowcocktails, Granaten, Minen und Eigenbau-Plastikbomben bauen können. Er muß Brücken zerstören und Eisenbahnschienen entfernen oder unbrauchbar machen können, da er diese Arbeiten nicht auf eine untergebene Ebene delegieren kann."

Weiter wird der sogenannte Nervenkrieg empfohlen: "Ziel des Nervenkrieges ist es, durch Lügen über Behörden falsche Informationen zu geben."

Na, wenn uns das mal nicht bekannt vorkommt. Inwieweit es sich für die Antifa hierbei tatsächlich nur um lateinamerikanischen Geschichtsunterricht handelt, oder um tatsächliche Handlungsrichtlinien bleibt, für den Leser ins Reich der Spekulation verbannt und wird lediglich dann interessant, wenn mal wieder irgendein Fahrzeug eines vermeintlichen Rechten in Flammen aufgeht. Die ausführlichen Sabotageanleitungen in diesem Handbuch legen so manchen Verdacht ziemlich nahe. Ach ja, im Kapitel Hinrichtungen lesen wir: "An der immer geheimen Aktion einer Hinrichtung nehmen nur die unbedingt notwendigen Stadtguerilleros teil. Oft genügt ein einziger Heckenschütze, der einsam und unbekannt, aber geduldig und kaltblütig im Untergrund wartet und handelt."

Keine Frage, stünde das auch nur angedeutet auf einer als rechts verdächtigen Internetseite, wäre das Geschrei mal wieder groß, und "Panorama" und "Monitor" hätten mal wieder massig Sendeminuten verbraten, Michel Friedman hätte wieder eine Talkshow-Tour unternommen und Sabine Christiansen mal wieder ein bis zwei völlig unsinnige und haltlose Thesen zum Thema "Rechte im Internet und deren Bekämpfung" losgelassen. Im Grunde genommen würde also alles beim alten bleiben.


 
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