© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/00 15. September 2000

 
Meldungen

Der Gewaltmonopolist global unter Druck

WIESBADEN. Glaubt man den Lehrbüchern der Politikwissenschaft, so beruht die Welt der Politik auf staatlichen Gewaltmonopolen. Doch, so weisen Hambuger Politikwissenschaftler in der jüngsten Ausgabe von Leviathan (Heft 2/2000) nach, gibt es inzwischen gute Gründe anzunehmen, daß die Form des modernen Staates als Gewaltmonopolist global unter Druck gerät. Dies ist nicht nur in den Staaten der Dritten Welt zu beobachten, sondern auch in den Nachfolgestaaten der Sowjetuion und in Osteuropa, wo, wie Vadim Volkov in seinem Beitrag ("Gewaltunternehmer im postkommunistischen Rußland") nachweist, ganze Regionen und Branchen unter die Herrschaft gewaltkompetenter Verbände geraten, die keiner öffentlichen Kontrolle mehr unterliegen. Da aber auch in den Ländern der "Ersten Welt" der Boom privater Sicherheitsunternehmen die Ausweitung "gewaltoffener Räume" anzeigt, dürfte die Zukunft rational-legalen Staates nicht einmal im europäischen Rahmen gewährleistet sein.

Krisenszenarien für die EU-Osterweiterung

POTSDAM. Heute stehe die EU vor dem wahrscheinlich bedeutsamsten Projekt seit der Gründung der Montanunion: der Osterweiterung. Daß sie darauf aber höchst ungenügend vorbereitet sei, behaupten die Potsdamer Politologen Heinz Kleger und Ireneusz Pawel Karolewski ("Dilemmata und Spannungen der erweiterten Europäischen Union", Berliner Debatte INITIAL, Heft 3/2000). Daß mit dem Beitritt Polens und anderer Oststaaten der agrarpolitische Zündstoff zunimmt, gehört nach Kleger und Karolewski dabei fast noch zu den harmlosen Herausforderungen. Die Inkompetenz der staatsbürokratisch geprägten Eliten und die Rückständigkeit der Industrie könnten stärker ins Gewicht fallen und denTransformationsprozeß gefährden. Die absehbaren sozialen Spannungen werde etwa in Polen "Populisten" wie den militanten Bauernführer Andrzej Leper begünstigen, weil sich die polnischen Eliten insgesamt im Krisenfall auf ihre starken antiwestlichen und antimodernen Traditionen besinnen würden.

Politische Grabenkriege um Germanisten-Treffen

WIEN. Der zehnte Internationale Germanistenkongreß findet unter dem Titel "Zeitenwende – Die Germanistik auf dem Weg vom 20. ins 21. Jahrhundert" vom 10. bis 16. September in Wien statt. Ginge es nach den "gegen Haider" protestierenden französischen Germanisten, wäre dieses Mammuttreffen von fast tausend Germanisten aus aller Welt ersatzlos gestrichen worden. Um den seit Monaten ausgetragenen Kontroversen über die "politische Verantwortung" des Faches gerecht zu werden, wird man parallel zur Eröffnung im Jüdischen Museum unter der Leitung des Marbacher Wissenschaftshistorikers Christoph König über "Germanistik – eine politische Wissenschaft?" diskutieren. Wirklich politische Relevanz dürften aber die Referate der Kongreßsektion "Entwicklungstendenzen der deutschen Gegenwartssprache" bieten, wo es um "Grammatikalischen Folgeschäden" der Rechtschreibreform gehen wird.

Das große Jubiläum der deutschenVogelkundler

LEIPZIG. Die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft feiert zwischen dem 19. und 25. September an ihrem Gründungsort Leipzig ihres 150jährigen Bestehen. Die Themenpalette der Vorträge, die in den letzten Heften der Zeitschrift Der Vogelzug–Das Journal für den Vogelbeobachter nachzulesen ist, dokumentiert, wie aktuell ornithologische Forschungen für viele Disziplinen der Biowissenschaften und auch für den Naturschutz sind (Weitere Informationen im Internet unter: http://www.rz.uni-frankfurt.de/dog ).


 
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