© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/00 22. September 2000

 
Über 60 Prozent Verweigerer
Köln: Fritz Schramma wird für neun Jahre CDU-Oberbürgermeister
Jörg Fischer

CDU-Kandidat Fritz Schramma wurde vergangenen Sonntag in einer Stichwahl mit 52,3 Prozent der abgegebenen Stimmen – als Nachfolger seines verstorbenen Parteifreundes Harry Blum – zum neuen Oberbürgermeister von Köln gewählt.

Die frühere nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerin Anke Brunn (SPD) konnte ihren Rückstand aus dem ersten Wahlgang, wo sie nur 38,9 Prozent der Stimmen erhielt, nicht aufholen – die zum linken Flügel zählende SPD-Kandidatin hatte mit ihren "Gut-mensch-Parolen" und der versprochenen Unterstützung für die Kölner Kultur-"Schickeria" nur mäßigen Erfolg. Barbara Moritz von den Grünen bekam in der ersten Runde 9,1 Prozent – konnte sich aber vergangene Woche nicht dazu entschließen, eine "Wahlempfehlung" zu Gunsten der SPD-Kandidatin auszusprechen. Vermutlich stimmten die zwei Prozent, die zuvor FDP-Bewerber Ralf Sterck ihre Stimme gaben, jetzt für den 1947 in Köln-Nippes geborenen CDU-Lokalpolitiker. Die 2,7 Prozent Wähler der übrigen zehn Kandidaten, darunter drei "Rechte", blieben im entscheidenden Wahlgang wohl zu Hause: Die Wahlbeteiligung lag nämlich mit 39,7 Prozent noch niedriger als beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen, an dem sich 40,8 Prozent der rund 715.000 Stimmberechtigten beteiligt hatten. Angesichts dessen, daß 60 Prozent der Kölner nicht zur Wahlurne gingen, ist es mehr als vermessen, wenn der Generalsekretär der NRW-CDU, Herbert Reul, am Sonntagabend freudig erklärte: "Die CDU im Westen hat eindrucksvoll unter Beweis gestellt, daß sie die dominierende kommunale Kraft in diesem Lande ist". Gerade einmal 20,3 Prozent der Wahlberechtigten der rheinischen Millionenmetropole haben den Studienrat für Latein ins Amt verholfen, das bis 1933 Konrad Adenauer innehatte und seit Mitte der fünfziger Jahre fest in SPD-Hand war. Der – zumindest im Wahlkampf – stets fröhliche "kölsche Jung" kann nun für neun Jahre regieren – dem NRW-Wahlrecht sei Dank. Im Stadtrat haben CDU und FDP – durch Schrammas Stimme – bis zur nächsten Stadtratswahl in vier Jahren die Mehrheit. Rot-Grün sitzt mit den Republikanern in der Opposition – im Prinzip.

Doch Schramma hat vor der Wahl den Grünen angeboten, auch ihre Vorschläge zu berücksichtigen. CDU-Fraktionschef Rolf Bietmann meinte gar, eine Zusammenarbeit der "bürgerlichen Parteien" mit den Grünen "könnte ein Signal für die ganze Republik sein".


 
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