© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/00 22. September 2000

 
Wir sind weder links noch rechts
Dänemark II: Der EU-Abgeordnete Mogens N. J. Camre über die Ziele der Dänischen Volkspartei
Mogens N. J. Camre

Die Dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti-DF) entstand 1995 und ist seitdem im dänischen Parlament vertreten ist. Die Partei ist nicht auf dem üblichen Rechts-Links-Skala einzuordnen. Ihr Programm unterstreicht vor allem eine klare soziale Linie, und die Hauptforderungen der Partei waren vor diesem Hintergrund zunächst ein besseres Krankenhauswesen und bessere Bedingungen für Menschen in Alten- und Pflegeheimen. Die Partei arbeitet dafür, dänische Kultur und dänische Demokratie zu stärken, die kennzeichnend sind für die eigenständige Entwicklung der stabilen dänischen Gesellschaft.

Sie verstehen Dänemarks Interessen als eng verbunden mit den gemeinsamen Interessen der westlichen Welt und sehen Dänemarks Beziehungen zu den USA als genauso wesentlich an wie die Beziehungen zu Europa. Verteidigungspolitisch sind wir deshalb Anhänger der Nato und sehen eine selbständige europäische Verteidigung als eine Schwächung unserer Sicherheit an. Sie sind Anhänger der europäischen Zusammenarbeit, aber Gegner einer weitergehenden Integration der europäischen Länder, egal ob dabei die Rede von einem Bundesstaat ist oder von einer wirtschaftlichen und politischen Union mit überstaatlicher Befugnis. Die Entwicklung der EU bewegt sich im Augenblick auf eine Entmündigung der europäischen Nationalstaaten und ihrer Parlamente zu. Dies betrachten wir als eine Bedrohung der Demokratie und der stabilen Gesellschaftsstrukturen.

Die EU ist in ihrem Aufbau weit von den Bürgern entfernt, und es ist unsinnig, daß die EU wirtschaftliche und soziale Verhältnisse harmonisiert oder gleichschaltet, die am besten von den Bürgern und Verwaltungen der einzelnen Länder entschieden werden. Die EU-Verwaltung ist geprägt von Unfähigkeit, Schlendrian und direkter Korruption in einem Maße, das mit dänischer Verwaltungskultur und Rechtsauffassung völlig unvereinbar ist und das allen europäischen Interessen schadet. Es besteht keine Aussicht auf wesentliche Verbesserung dieser Situation ohne Abschluß eines neuen Vertrages, der das Initiativrecht von der Kommission auf den Ministerrat verlagert und die Aufgaben der EU wesentlich reduziert.

Sie betrachten den Euro, als ein Mittel, um Europa wirtschaftlich und politisch zu koordinieren, und weil wir dies als einen Rückschlag für die europäischen Demokratien ansehen, empfehlen wir den Dänen, bei der Volksabstimmung über die dänische Teilnahme am Euro am 28. September mit "Nein" zu stimmen.

Sie sehen den völlig unbegründeten Angriff der EU-14 auf Österreich als einen Ausdruck der antidemokratischen Gleichschaltung und Machtzentralisierung an, die besonders die europäischen Sozialdemokraten wünschen und die darauf abzielt, ihnen selbst und gleichgesinnten Untersützerparteien ein Machtmonopol in Europa zu verschaffen. Die Österreich-Aktion hat vielen Dänen die Augen über den wahren Charakter der EU-Zusammenarbeit geöffnet. Die DF ist Anhänger einer Zusammenarbeit zwischen freien und gleichen Staaten und sieht hierfür gerne ein flexibilisiertes Europa, in dem sich die Länder allein einer gemeinsamen Politik in dem Umfang anschließen, wie es ihren Interessen entspricht. Eine derartige Zusammenarbeit dürfte die Organe der EU zu einer Arbeit mit weit größerer Sorgfalt und Qualität anregen.

Die DF sieht mit großer Besorgnis auf den Globalisierungsprozeß, der zur Folge hat, daß starke wirtschaftliche Kräfte die demokratischen Strukturen außer Kraft setzen. Die Unterschiede in der Entwicklung der verschiedenen Kulturen der Welt sind die Ursache für die maßgeblichen Konflikte in der heutigen Welt; und es ist unsere Auffassung, daß eine Verminderung und Abwicklung dieser Konflikte nur in einem genau geplanten und gesteuerten Prozeß stattfinden kann. Eine offene Welt ist allein bei vollständig gleichwertigen demokratischen Verhältnissen in allen Ländern möglich, und ein derartiger Zustand muß gegenwärtig leider als eine Utopie angesehen werden.

Die DF ist Gegner der massiven Einwanderung, die in den letzten Jahrzehnten aus nicht-westlichen Kulturen nach Dänemark und in große Teile des übrigen Westeuropa stattgefunden hat. Das ist weder auf rassistische noch auf fremdenfeindliche Einstellungen zurückzuführen, die wir ablehnen. Wir haben nichts gegen fremde Menschen oder Kulturen, die eine Zusammenarbeit mit der westlichen Welt eingehen, aber wir erleben in diesen Jahren eine Einwanderungswelle besonders aus islamischen Ländern, die mit einer direkten faschistischen Rhetorik und einem entsprechenden Verhalten unser Gesellschaftssystem angreift und Anspruch auf weitgehende Sonderrechte erhebt.

Dabei handelt es sich nicht um politische Flüchtlinge, sondern um Leute, die allein aus unseren wirtschaftlichen und sozialen Systemen Nutzen ziehen wollen. Dänemark hat nun fast fünf Prozent Einwanderer aus fremden Kulturen, und dies hat derartige Belastungen für die dänische Gesellschaft zur Folge, daß man sie nunmehr bei den Kürzungen in unserem Bildungswesen, im Krankenhauswesen und bei unseren sozialen Sicherungssystemen deutlich bemerkt. Die DF ist der Auffassung, daß Entwicklungspolitik in den Entwicklungsländern betrieben werden soll und nicht in den Industrieländern. Den Islam in Europa Fuß fassen zu lassen, betrachten wir als ein lebensgefährliches Experiment.

Alle diese Umstände gehen in die politische Debatte der Dänen im Vorfeld der Volksabstimmung am 28. September ein. Die Dänen sind seit über 1.000 Jahren ein selbständiges Volk gewesen, das für sein eigenes Wohlergehen sorgen kann. Das haben wir, wie andere kleine Länder, darunter auch Norwegen und die Schweiz, die gar nicht mit in der EU sind, besser gekonnt als manche größere Länder. Die DF arbeitet dafür, daß wir auch künftig unser Recht ausüben können, über das Land zu bestimmen, das nur die Dänen fruchtbar gemacht und entwickelt haben.

 

Mogens N. J. Camre, geboren 1936 in Randers, früher Sozialdemokrat, heute Mitglied der Dänischen Volkspartei, ist Vizechef der Fraktion "Union für das Europa der Nationen" im EU-Parlament, Mitglied im Ausschuß für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten sowie Mitglied im Ausschuß für Haushaltskontrolle, Stellvertreter der Delegation für die Beziehungen zu den Maghreb-Ländern und Mitglied im gemischten parlamentarischen Ausschuß EU-Lettland.


 
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