© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/00 22. September 2000

 
Meldungen

Slowenen boykottieren, Italiener loben Haider

TRIEST. Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider nahm vergangenenes Wochenende in Opicina bei Triest am 170. Jubiläum des Baus der Straße Triest–Laibach–Wien teil. Die Laibacher Bürgermeisterin Viktorija Potocnik und die slowenische Generalkonsulin in Triest, Jadranka Sturm Kocjan, verließen wegen Haiders Anwesenheit die Festveranstaltung. Bei der Zeremonie in Opicina äußerte Haider im Pressegespräch: "Ich liebe Italien sehr. Die Beziehungen mit vielen Italienern sind in diesen Monaten stärker und freundschaftlicher als vorher geworden". Mit Friaul bestünde seit langem ein "Freundschaftsvertrag". Den Bürgermeister von Triest, Riccardo Illy, freute die Anwesenheit Haiders, "weil sie die Beziehungen zwischen Österreich und Friaul stärkt. Sein Besuch beweist, daß er die Werte teilt, die diese Zeremonie inspirieren, und zwar das friedliche Zusammenleben der Völker, die Brüderschaft und die Verteidigung unterschiedlicher Sprachen und Kulturen", so Illy. Im Oktober will Haider in Jesolo/Adria an einer öffentlichen Debatte zum Thema Großregionen in Europa teilnehmen. Dort plant Haider mit dem Bürgermeister von Jesolo, Renato Martin, die Gründung einer neuen Parteienföderation aus Kärnten, Veneto, Friaul und Slowenien.

 

Pariser Minister droht Italien mit Boykott

ROM. Italiens oppositionelle Rechts-Allianz von Silvio Berlusconi ist über den französischen EU-Minister Pierre Moscovici empört: Der Sozialist forderte in der EU einen "Wachsamkeits-Mechanismus" bei einem Wahlsieg der italienischen Rechten. Auch der italienische Außenminister Lamberto Dini von der Links-Allianz hat Berlusconis "Polo della Libertá" verteidigt: "Alle italienischen Parteien, auch die Lega Nord, sind demokratisch und müssen als solche respektiert werden". Die Lega sei "eine vollkommen demokratische Partei wie jede andere", betonte Dini. Berlusconi hatte vor zwei Wochen CDU-Chefin Angela Merkel in Rom getroffen. Ein Treffen mit dem spanischen Premier Aznar ist in Sicht. Berlusconi will seit Wochen einem zweiten "EU-Boykott" vorbeugen und dazu auch Präsident Chirac treffen.

 

"Ungarn sind nicht schlimmer als Spanier"

BUDAPEST. Ungarns Premier Viktor Orbán ist über den Fortgang der EU-Erweiterung besorgt. Er erinnerte daran, daß die frühere Aufnahme von neuen Mitgliedern in die EU nicht in Volksabstimmungen entschieden worden sei: "Wenn man das uns gegenüber anwenden würde, dann müßte ich mich fragen, weshalb wir ein gefährlicheres Volk sind als die Portugiesen, die Griechen und Spanier." So etwas würde "zweifelsohne unser nationales Selbstwertgefühl berühren". Orbán forderte einen festen Zeitplan für die Aufnahme der EU-Beitrittskandidaten.

 

Islamist wegen Rede über "Rassen" verurteilt

ISTANBUL. Die türkische Polizei hat vergangenen Mittwoch nach dem Islamisten und Ex-Premier Necmettin Erbakan (74) gesucht, weil er seine Haftstrafe nicht angetreten hat. Die Beamten durchsuchten vergeblich das Sommerhaus der Familie im westtürkischen Altinoluk, berichteten türkische Medien. Die Anwälte des Politikers beantragten unterdessen eine viermonatige Verschiebung des Haftantritts. Erbakan war wegen einer Rede im Jahr 1994 im ostanatolischen Bingöl zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Erbakan habe durch "Aufzeigen von Religions- und Rassenunterschieden" eine Spaltung des Volkes bewirken wollen und "zu Feindschaft und Haß aufgestachelt", lautete das Urteil. Die Wohlfahrtspartei (RP) von Erbakan war Anfang 1998 verboten worden. Das Militär hatte Druck ausgeübt, weil es den Laizismus in Gefahr sah. Erbakan war von Juli 1996 bis Juni 1997 Premier.


 
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