© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/00 22. September 2000

 
Blick in die Medien
Hype
Michael Oelmann

Schwer vorhersagbar, kommend und gehend wie schweres Wetter suchen Kampagnen die Mediengesellschaft heim. Was früher einmal treffender als Propaganda bezeichnet wurde, nennt sich heute neudeutsch und sehr schick "Hype". Ein Hype ist zum Beispiel, wenn plötzlich eine der fünf Topmeldungen jedes Tages etwas mit braunen Mächten zu tun hat, die überall lauern, bereit, Deutschland an sich zu reißen. Ein Hype ist aber auch der Kindersegen von gewissen Dumpfbacken wie einem Alex und einer Jenny, bei denen die Verhütung versagt hat.

Immer jedoch ist ein Hype ein Selbstläufer, den irgendwann so keiner mehr richtig unter Kontrolle hat und dessen Vorteilnehmer zwar bekannt, die Medien-Transporteure und Konsumenten aber in den unendlichen Weiten der Informationsgesellschaft verborgen bleiben. Beste Bedingungen findet der Hype im luftleeren Raum ungefüllter Textseiten und Sendeplätze. Gute Freunde hat er in allen Journalisten, die meinen zu wissen, was die Konsumenten interessieren könnte.

Wenn die Redaktions- und Verlagsleitungen auch maßgeblich mit altlinken 68ern besetzt sind, kann auch ein Sommerloch-Thema schon mal zu einer klasse Profi-Kampagne mit Dauerwirkung werden. Aber auch das schwerste Wetter ist irgendwann vorbei, und am Himmel zieht bereits das nächste Mediengewitter heran, ausgelöst irgendwo vom Flügelschlag eines unerkannten kleinen PR-Schmetterlings, der sich zu einem saftigen Sturm entwickelt. Der Nazi ist tot! Es lebe Jenny!


 
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