© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/00 29. September 2000

 
UMWELT
Die "Autoshow" am autofreien Sonntag
Martina Zippe

Die berühmte Straße des 17. Juni in Berlin, welche vom Brandenburger Tor zur Siegessäule führt, gehörte am vergangenen autofreien Sonntag den Fußgängern, Radfahrern, Tretrollerfahrern (neudeutsch: "Kick-board") oder "Inlineskatern" (wie diese neumodischen Rollschuhfahrer heißen).

Je näher man allerdings unter dem blauen Himmel in Richtung Siegessäule spazierte oder rollte, desto mehr machte sich das Quietschen von Autoreifen, begleitet von stinkenden grau-blauen Wolken, bemerkbar. Was war da los? Die Vermutung lag nahe: Das mußte eine Demonstration der nun völlig übergeschnappten CDU gegen die von der Bundesregierung verhängten Ökosteuern sein. Allein der Reifenverschleiß war den Wolken nach zu urteilen höher, als wenn die Autos wie jeden Tag friedlich die Straße des 17. Juni herauf- und herunter gefahren wären.

Nein, protestieren wollte hier niemand. Um Werbung ging es bei dem vorgeführten Schleuderfahren einer Stuntmännergruppe. Die Autovermietung AVIS und der populäre Berliner Radiosender RTL warben mit dieser Autoshow für sich. Der "jung-dynamische" Moderator war sich keinesfalls zu schade, auch noch zu erklären, was diese Aktion mit dem autofreien Sonntag zu tun haben sollte: Radfahrer sollen einen Fahrradhelm anziehen, weil Autos im Konfliktfall stärker sind. Da hat jeder Fußgänger und Radfahrer den ganzen Tag mehr als genug Autos um sich, will sich davon einmal erholen, um dann vorgeführt zu bekommen, was ein fahrendes Auto ist. Manch ein Passant schaute fassungslos zu und ging mit schüttelndem Kopf davon. Das war keine Werbung, sondern eine Beleidigung der Fußgänger.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen