© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/00 29. September 2000

 
Meldungen

Pretiosen für Devisen: Antiquitäten aus Moskau

STUTTGART. Die umfangreichen Kunstgeschäfte, die Moskau in den zwanziger Jahren betrieb, hat die Forschung jahrzehntelang nicht beachtet. Erst die aktuellen Debatten um "Beutekunst" weckten die Neugier an den umfangreichen sowjetisch-deutschen Kunsthandelsbeziehungen , so daß die Wiener Osteuropa-Historikerin Waltraud Bayer in einem Beitrag für die Jahrbücher für Geschichte Osteuropas (Heft 2/00) jetzt das Ergebnis ihrer 1998 im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Universität Graz begonnenen Archivstudien resümieren kann. Angestoßen noch von Lenin, der von den "gigantischen Reichtümern einiger Klöster" Exporterlöse erhoffte, ideologisch motiviert als Abrechnung mit dem Klassenfeind, verkauften die Sowjets vornehmlich über Berliner und Leipziger Auktionshäuser das kulturelle Erbe des Zarenreiches zu Schleuderpreisen. Klagen von Exilrussen gegen den Verkauf widerrechtlich verstaatlichten Eigentums wurden von deutschen Gerichten abgewiesen. Besonders pikant ist das von Bayer ermittelte Faktum, daß nicht wenige der großen jüdischen Sammler von den Kunstauktionen profitierten, deren Sammlungen später im Zuge der "Arisierung" wieder den Besitzer wechselten.

 

Politische Protestanten gegen Bonner Ostpolitik

MÜNCHEN. Der Gießener Kirchenhistoriker Martin Greschat beschäftigt sich in den Vierteljahresheften für Zeitgeschichte (Heft 3/00) mit einer "Tübinger Denkschrift" von 1961, die dem Bonner Establishment vorwarf, wesentliche politische Realitäten der Bevölkerung gegenüber zu verschleiern und dringend gebotene Entscheidung zu verschleppen. Im Kern ging es um die "Oder-Neiße-Frage" und die Beziehungen zur "Volksrepublik Polen". Die Verfasser sind die aus dem protestantischen Bildungsbürgertum stammenden Physiker Werner Heisenberg und Carl Friedrich von Weizsäcker, der Pädagoge Georg Picht und der Jurist Ludwig Raiser. Unter Berufung auf protestantisches Ethos und evangelische Verantwortung plädierte man kaum noch verhohlen für den Verzicht auf die preußischen Ostprovinzen. In der CDU stimmte zunächst nur Richard von Weizsäcker zu, der "substanzielle Opfer in großem Ausmaß" guthieß, während die SPD-Führung Ablehnung signalisierte, um sich "jeden Vorwurf einer mangelnden nationalen Gesinnung" zu er-
sparen. Die öffentliche Diskus-sion über das Professoren-Memorandum trug nach Greschats Ansicht jedoch erheblich zur Ver-änderung des geistigen und politischen Klimas der BRD Adenauers bei.

 

Unumgängliche Wende auf dem Weltölmarkt?

KIEL. "Wie sich der Ölmarkt bis 2020 entwickeln wird, ist gegenwärtig noch offen." Aber, so führt Christiane Kasten in der Vierteljahresschrift des Kieler Instituts für Weltwirtschaft Die Weltwirtschaft (Heft 2/00) aus, um eine Reduzierung des Ölverbrauchs werden die Nachfrageländer nicht herumkommen. Auf den "reifen", d. h. vor 1973 entdeckten und bald erschöpften Ölfeldern des Mittleren Ostens zeichnet sich ein Produktionsrückgang ab. Die Vorkommen in der kaspischen Region können bis 2010 nicht effektiv genug erschlossen werden, um die arabischen Anbieter zu ersetzen. Mit einer ökologisch orientierten Klimapolitik könnten die Industriestaaten den nahezu unabwendbaren strategischen Preiserhöhungen der OPEC begegnen. Was nichts anderes hieße, als die gegenwärtige effektive Besteuerung des Ölpreises noch zu forcieren: "Der daraus resultierende Nachfragerückgang würde sowohl zu einem Rückgang der Emissionen als auch zu einer Verminderung der Abhängigkeit von Ölimporten führen, wodurch der Preissetzungsspielraum der OPEC beschränkt würde."


 
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