© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/00 06. Oktober 2000

 
PRO&CONTRA
Soll die Einführung des Euro ausgesetzt werden?
"Vier Professoren" Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider und Joachim Starbatty. / Europäische Zentralbank – Pressestelle

Die neue Währung ist seit ihrer Einführung nicht zur Ruhe gekommen. "Unglückswährung", "Fluch des Euro", und "Titanic-Euro" sind mediale Ausdrücke der allgemeinen Besorgnis, daß mit dieser Währung irgend etwas nicht in Ordnung ist. So erweisen sich ihre beständigen drastischen Abwertungen gegenüber US-Dollar, Pfund und Yen als tiefgehendes Mißtrauensvotum der Kapitalanleger aus der ganzen Welt.

Hilflos haben auch die Bürger ertragen müssen, daß der Euro ohne ernsthafte Diskussion hinter ihrem Rücken eingeführt wurde. Sie müssen mit ansehen, daß die Kapitalbewegungen raus aus Europa besorgniserregende Größenordnungen angenommen haben. (Bis zu 500 Milliarden US-Dollar Nettokapital einschließlich Direktinvestitionen seit Januar 1999.) Die Zinsen sind relativ stark gestiegen, die Preise auch wegen des Wertverfalls des Euro stark nach oben gestrebt. Mit den jüngsten Interventionen mußte Europa sich auf den Dollar stützen – wahrhaft eine Blamage für eine Weltwährung. Was ist übriggeblieben von der Behauptung, die neue Währung würde noch stärker werden als die D-Mark?

Wir steuern auf eine Entwicklung zu, die Karl Schiller als Repudiation, als Ablehnung eines aufgezwungenen Geldes durch die Bevölkerung bezeichnet hat. Dabei hätte jeder, der bereit war, dem Volk aufs Maul zu schauen, spüren müssen, wie tief besorgt die Mehrheit wirklich war und ist.

Ende nächsten Jahres ist die dreijährige Probezeit des Euro zu Ende. Wir appellieren an die Klugheit und das Verantwortungsbewußtsein unserer Politiker, wenn wir verlangen, die Einführung des Euro um fünf bis zehn Jahre zu verschieben. Regierung und Parlament sollten sich die Legitimation für ein weiteres Voranschreiten zur endgültigen Abschaffung der D-Mark in einer Volksabstimmung geben lassen.

 

Symposium "Währungsunion – was bleibt zu tun?" Auszug aus der 10-Punkte-Erklärung der "Vier Professoren" Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider und Joachim Starbatty.

 

 

Der Euro ist seit dem 1. Januar 1999 die Währung der 11 Teilnehmerstaaten an der Wirtschafts- und Währungsunion. Er ist unsere Währung. D-Mark, Belgischer Franc, italienische Lira, existieren seit diesem Datum nicht mehr als eigenständige Währungen. Sie sind nur noch Untereinheiten des Euro, wie die 50-Pfennig-Münze oder der Groschen Untereinheiten der D-Mark sind. Auch wenn wir noch keine Geldscheine oder Münzen in unseren Portemonnaies haben, ist der Euro seit seiner Einführung Wirklichkeit geworden.

Den Euro kann man nicht aussetzen. Die Wirtschafts- und Währungsunion ist durch den Vertrag der Europäischen Union unwiderruflich.

Der Euro wird seinen Aufgaben gerecht. Die Unternehmen im Eurowährungsraum gehen keine Wechselkursrisiken mehr ein, wenn sie innerhalb des Eurogebiets, des Binnenmarktes, handeln. Der Euro ermöglicht eine höhere Preistransparenz für die Bürger. Er fördert die Mobilität sowohl der Güter als auch der Personen, die ab 2002 von einem Land zum anderen reisen werden, ohne Geld zu wechseln und dafür Kommissionen zu zahlen.

Noch wichtiger aber ist: Im gesamten Eurogebiet erfreuen sich nahezu 300 Millionen Europäer eines hohen Maßes an Preisstabilität, wie sie es selten zuvor in den letzten 50 Jahren erlebt haben. Das heißt, ihre Einkommen und Ersparnisse behalten ihre Kaufkraft.

Preisstabilität bedeutet zugleich auch niedrige Kapitalzinsen, sichere Kalkulationsgrundlagen für die Unternehmen und damit Förderung von Wachstum und Beschäftigung. Nicht zuletzt ist Preisstabilität zugleich ein wichtiger Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit.

Die stabilitätsorientierte Geldpolitik der Europäischen Zentralbank wird alles in ihrer Macht stehende unternehmen, daß dies in Zukunft auch so bleibt.

 

Europäische Zentralbank – Pressestelle Die EZB ist zuständig für die Geldpolitik innerhalb der Europäischen Union


 
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