© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/00 06. Oktober 2000

 
Zeitschriftenkritik: Kirche heute
Im Labyrinth des Weltlichen
Werner Olles

Kirche heute, die "Monatsschrift für die katholische Kirche im deutschen Sprachraum", trägt den Untertitel: "Aufbruch der Kirche in eine neue Zeit". Tatsächlich ist jedoch die Zukunft der katholischen Kirche durch den Fortschrittsbetrug, mit dem die Modernisten in den Innenraum der Kirche eingebrochen sind, heute mehr denn je ungewiß. Gewiß werden die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen, aber um die Auseinandersetzung mit der modernistischen Zeitvergötzung führen zu können, bedarf es einer stringent religionsphilosophischen und theologisch-wissenschaftlichen Argumentation.

Genau die bietet Kirche heute jedoch leider nicht. Zwar will auch sie die Gläubigen ermutigen und stärken, aber die Sache Jesus braucht Begeisterte, die in Sein und Gebaren das spezifisch Katholische begreifen. "Der progressistische Kampf gegen die Seele" (Walter Hoeres), der die Schönheit des katholischen Glaubens zerstört, ist nämlich ein direkter Angriff, der auf das Herz der Kirche zielt. Wenn aber das Zeitalter der Säkularität tatsächlich bereits angebrochen ist, ist es geradezu frevelhaft, für eine "Neuevangelisierung der Welt mit Papst Johannes Paul II." einzutreten, erforderlich ist vielmehr der Rückzug auf die Kirche als Festung und die Herausbildung einer konterrevolutionären Energie, die in der Lage ist, das Räderwerk des Modernismus, des konziliaren Ökumenismus, der Säkularisierung, der Toleranz und des totalitären Liberalismus aufzuhalten.

In unserer glaubenslosen und dekadenten Gesellschaft, in der die Religion zwar noch in gewissen Tiefenschichten schlummert, kann der Katholizismus seine Substanz nur retten, indem er sich von den häretischen Irrlehren des Liberalismus distanziert und zur katholischen Wahrheit zurückkehrt. Das muß nicht unbedingt eine "Selbstghettoisierung" bedeuten, sondern kann auch zu einer Festigung des Glaubens führen, in der sich die Spreu vom Weizen sondert. Sich in weltlichen Problemen zu verirren, wie dies einer Autorin in Kirche heute widerfährt, die "die Globalisierung christlich gestalten" möchte, zeigt eigentlich schon, wie tief die religiöse Krise ist. Und "Kirche im Pluralismus" kann doch nicht heißen, die häretisch-satanischen Verhältnisse in den modernen, ideologiefreien Demokratien, die zwar die Termini "Menschenrechte" und "Menschenwürde" beständig im Munde führen, in Wahrheit aber von rücksichtslosem Genuß geprägte, völlig inhumane Gesellschaften sind – man denke beispielsweise an die zweihunderttausend abgetriebenen Kinder pro Jahr –, neutral zu beurteilen oder gar zu tolerieren.

Die Kirche hat die Aufgabe dem Menschen zur Seligkeit zu verhelfen, alles übrige ist lediglich Beiwerk. Aber die Welt befindet sich in der Entsakralisierung, Deutschland liegt im Sterben, das christliche Abendland steht der Bedrohung durch den Islam machtlos gegenüber. Wird das traditionelle Selbstverständnis der Kirche Gottes über den "kollektiven Menschheitsfortschritt" (Pfarrer Hans Milch) den Sieg davontragen? Werner Olles

"Kirche heute", Postfach 1406, 84498 Altötting. Einzelpreis: 4 Mark, Jahresabo: 43 Mark, Studenten: 26 Mark


 
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