© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/00 06. Oktober 2000

 
Meldungen

Eine Wissenschaft im Fronteinsatz

BONN.Wie schon nach 1933 im Dritten Reich und nach 1949 in der DDR, so scheint sich augenblicklich wieder einmal eine "kämpfende Wissenschaft" zu formieren. Für den volkspädagogischen "Einsatz" war die bundesdeutsche Politikwissenschaft zwar schon um 1950 bestimmt, als sie – unter Anleitung der Besatzungsmächte institutionalisiert – noch Demokratiewissenschaft hieß. Aber erst im "Kampf gegen Rechts" scheint sie den Nachweis ihrer Praxisrelevanz liefern zu wollen. Im jüngsten Heft von Aus Politik und Zeitgeschichte (39/00) warten bekannte Einsatzleiter wie Armin Pfahl-Traughber (VS Köln), Hans-Gerd Jaschke (Polizistenausbilder an der Fachschule für Verwaltung und Rechtspflege Berlin) oder Bernd Wagner ("Diplomkriminalist", Zentrum Demokratische Kultur) mit überraschungsresistenten Einsichten auf: Im Westen säßen die rechtsextremen Ideologen, im Osten die Akteure (Pfahl-Traughber), polizeiliche Repression (im Orwell-Deutsch: "Normverdeutlichung") könne den Mangel an demokratischen Grundüberzeugungen bei den Zöglingen des DDR-Erziehungssystems nicht wettmachen (Jaschke), die pädagogische Prävention, etwa durch "interkulturelles Lernen" und "Abbau männlicher Identitätsbezüge", müsse verstärkt werde (Wagner).

Alltag der Historiker:  Zeitgeist und Zensur

BONN. Der Bund Freiheit der Wissenschaft wurde 1969 von einigen Hochschullehrern ins Leben gerufen, die die Freiheit von Forschung und Lehre gegen marxistisch-leninistisch indoktrinierte 68er verteidigen wollten. Dies liegt lange zurück. Spätestens nach der Implosion des Ostblocks scheinen die Fronten aufgehoben. Die Wissenschaftsfreiheit muß nicht mehr verteidigt werden, der Bund dürfte seine Daseinsberechtigung verloren zu haben. Daß dem nicht so ist, belegen die Vorträge, die auf dem 30. Bildungspolitischen Forum des Bundes im Frühjahr 1999 gehalten wurden, die jetzt gedruckt vorliegen: "Wissenschaft und Zeitgeist in der Geschichtsschreibung". Der Politologe Bernd Rabehl, an der Freien Universität Berlin Ziel "antifaschistischer" Kampagnen ("Rabehl zu Mehl"), die an die Gründungszeit des Bundes erinnern, referiert über die westliche Idealisierung kommunistischer Systeme und ihres Terrors. Michael Wolffsohn, deutsch-jüdischer Historiker aus München, berichtet über die heftigen Reaktionen, die seine Forschungen zur politischen Instrumentalisierung des Holocaust in jüdischen Kreisen auslösten. Und der US-Völkerrechtler Alfred de Zayas beleuchtet die in der Bundesrepublik und den USA etablierte, "selektive Geschichtsschreibung" anhand gewöhnlich zeitgeistkonform ausgegrenzter, faktisch zensierter Themen wie "alliierte Kriegsverbrechen", "Kriegsschuld", "Nürnberger Prozeß" und "Vertreibung".

Ehe und Familie aus Lehrplänen eliminiert

ESSEN. Aus katholischer Sicht beschäftigt sich Wolfram Ellinghaus mit "Ehe und Familie in Richtlinien und Lehrplänen von Nordrhein-Westfalen" (Katholische Bildung 9/00). Zwar schreibe die NRW-Verfassung bei der Erstellung von Lehrplänen ein Einvernehmen zwischen Kirche und Staat vor, um über den Religionsunterricht Ehe und Familie als Grundlage menschlicher Gesellschaft ideell zu stützen. Doch gerade die Evangelische Kirche im Rheinland suggeriere mit ihren Vorschlägen der Kultusverwaltung geradezu, daß es die Ehe als christliche Lebensform gar nicht gäbe. Gegenüber unverheiratet Zusammenlebenden hätten Ehewillige nach protestantischer Ansicht keinen "moralischen Vorzug". Der besondere Rang von Ehe und Familie sei damit "restlos aufgehoben", so daß in den von der Evangelischen Kirche gestalteten Religionslehrplänen kein Schutz dieser Institutionen zu erwarten sei.


 
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