© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/00 20. Oktober 2000

 
Meldungen

Potsdamer Konferenz zum Preußenjahr

POTSDAM. Zufall oder nicht – die vom Lehrstuhl Brandenburgische Landesgeschichte der Universität Potsdam, der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem Groninger Institut für Nord- und Osteuropäische Studien veranstaltete Fachkonferenz zum Preußenjahr ("Preußen, Deutschland und Europa 1701 bis 2001") beginnt und endet an historisch markanten Tagen: am 26. und 27. Oktober – Helmuth von Moltkes 200. und Neidhardt von Gneisenaus 240. Geburtstag. Die Tagung möchte das Panorama der Beziehungen, Einflüße und Mentalitäten Preußens im deutsch-europäischen Kontext aufzeigen. Am Tagungsprogramm muß auf- fallen, daß man das zeitgeistkonforme Thema "Preußen und das Dritte Reich" geradezu demonstrativ ausspart. Statt dessen widmet man sich ausführlich Preußens Beziehungen zu England und den Niederlanden (im 18./19. Jahrhundert).Weitere "Workshops" befassen sich mit "Kulturaustausch und Traditionsbildung", "Wirtschaft" und "Militär" (hier referiert unter anderen der Marburger Historiker Max Plassmann über "’Sieg oder Untergang‘: Der Kampf in aussichtsloser Lage in der preußischen Militärgeschichte"). Das vollständige Programm findet sich im Internet unter: http://www.uni-potsdam.de/u/geschichte/landesgesch/aktuelles.htm

 

Kriegsgräber im Streit der Ideologen

BERLIN. In der Bundesrepublik scheint jedes Gräberfeld zum Schlachtfeld von Ideologen zu werden. In der Nähe des künftigen Regierungsbahnhofs Lehrter Straße, wo seit kurzem schon über ein Denkmal für den Widerstandskämpfer Albrecht Haushofer (1903–1945) gestritten wird, ist der Kampf um den Kriegsgräberfriedhof an der Wilsnacker Straße entbrannt. Die CDU-Version für die Gedenktafel an einer Stelle, wo auch von Sowjetarmisten ermordete Zivilisten und Soldaten bestattet wurden, beginnt unbestimmt genug: "’Der Wahn allein war Herr in diesem Land. In Leichenfeldern schließt sein stolzer Lauf und Elend, unmeßbar, steigt herauf‘" (Haushofer) und zählt auf, wie die 300 Toten ums Leben kamen. Dem PDS-Verordneten Christoph Ziermann jedoch ist selbst dies noch zu sympathisierend. Da tote Deutsche für ihn nur "Täter" sind, müsse die Gedenktafel zum Ausdruck bringen, daß die "umgekommenen Täter nur Opfer ihren eigenen Tuns" gewesen seien.

 

EU-Bundesstaat verpackt als Föderation neuen Typs

BERLIN. Die europapolitische Rede, die Joschka Fischer im Mai in der Humboldt Universität hielt ("Vom Staatenbund zur Föderation – Gedanken über die Finalität der europäischen Integration") steht im Zentrum eines von Rechts- und Politikwissenschaftlern beschickten Forums zur Zukunft der EU, das in Heft 3 von Integration erschien. Diese Zeitschrift ist das Sprachrohr des 1959 gegründeten Instituts für Europäische Politik und des seit 1969 bestehenden Arbeitskreises Europäische Integration. Beide Einrichtungen widmen sich der wissenschaftlich-pädagogischen Moderation der europäischen Einheitsidee, die sie im Hochschulbereich und in der politischen Bildungsarbeit vermitteln wollen. Zu den Protagonisten zählen der in Wien lehrende Politologe Heinrich Schneider und sein in der Politikberatung hyperaktiver Münchner Kollege Werner Weidenfeld. Hocherfreut konstatiert der Paneuropäer Schneider in seiner Interpretation von Fischers Rede, wie geschickt dort Aversionen gegen einen europäischen Bundesstaat unterlaufen werden. Denn die "Akzeptanzchance" für die "transnationale Zivilgesellschaft" in Europa erhöhe sich, wenn nicht mehr der bedrohliche Bundesstaat, sondern eine (tatsächlich davon kaum abweichende) "Föderation neuen Typs" verheißen werde.


 
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