© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/00 03. November 2000

 
Zivilcourage bewiesen
Die Stadt Halle hält an der Nominierung Martin Walsers für den Preis "Das unerschrockene Wort" fest
(JF)

Der Stadtrat von Halle hält trotz der bundesweiten Kritik an seiner Nominierung des Schriftstellers Martin Walser für den Preis "Das unerschrockene Wort" fest. Ein Eilantrag der PDS wurde abgelehnt. Halles Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler verteidigte die Entscheidung, schließlich solle hier eine Person gewürdigt werden, die die gesellschaftliche Diskussion in Deutschland angestoßen habe, sagte die SPD-Politikerin. Letztlich müsse im November eine Jury in Erfurt den neuen Preisträger bestimmen.

Für Aufsehen sorgte Martin Walser mit seiner Rede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels im Oktober 1998. Damals hatte er vor einer "Instrumentalisierung von Auschwitz" als "Moralkeule" gewarnt. Diese Äußerung sorgte für Protest, der mit der Nominierung für "Das unerschrockene Wort" erneut auflebte. Kritik an der geplanten Auszeichnung Walsers übten die Jüdische Gemeinde von Halle, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, sowie der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer. Walser wies die Vorwürfe zurück (die JF 42/00 berichtete).

Der Preis wird von den Oberbürgermeistern der 13 deutschen Lutherstädten alle zwei Jahre vergeben. Die Auszeichnung erinnert an den Reichstag von Worms von 1521, wo der Wittenberger Reformator den Widerruf seiner Schriften ablehnte. Gewürdigt werden soll eine Person, die mutig politische und gesellschaftliche Mißstände ausspricht und Zivilcourage beweist. Die ersten Preisträger waren die Theologen Richard Schröder und Hans Küng.


 
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