© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/00 17. November 2000

 
Meldungen

Zeitgeschichte aktuell: Blockwarte – Partisanen

MÜNCHEN. Die Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (4/2000) machen mit einem zeitgemäßen Beitrag auf: "Der ‚Blockwart‘. Die unteren Parteifunktionäre im nationalsozialistischen Terror- und Überwachungsstaat". Im Kontext des mit dem "Aufstand der Anständigen" könnte der Aufsatz Detlef Schmiechen-Ackermanns über die NS-"Treppenterrier" jetzt recht politisch inkorrekte Vergleiche provozieren. Im selben Heft weisen Christian Hartmann und Jürgen Zarusky nach, daß Stalins sogenannter "Fackelmänner-Befehl" vom November 1941 in seiner wesentlichen Passage eine Fälschung ist. Der Militärhistoriker Franz W. Seidler und im "rechtsradikalen Lager angesiedelte Promotoren" hätten diesen Befehl, der sowjetische Kommandos anweise, in deutschen Uniformen die eigene Bevölkerung zu attackieren, gern zitiert, um die "Urheberschaft deutscher Grausamkeit in Zweifel zu ziehen". Hartmann und Zarusky räumen jedoch ein, daß im Partisanenkampf sehr wohl deutsche Uniformen bei Überfällen auf russische Dörfer Verwendung fanden.

 

Abwicklung im Westen: Erlanger Personalien

POTSDAM. Der Politikwissenschaftler Hans Joachim Arndt hat fast beiläufig angeregt, die "Jugendrevolte von 1968" im Rahmen einer "ausgefeilten Wissenschaftsgeschichte" zu erforschen – "einschließlich der Ermittlung der vollzogenen Personalpolitik samt Lehrstuhlbesetzungen". Ein brisantes Vorhaben, dem wohl das Persönlichkeitsrecht im Wege steht. Wie spannend die Thematik ist, kann Julius H. Schoeps am Fall eines 68er-Opfers demonstrieren, des konservativen deutsch-jüdischen Ideenhistorikers Hans-Joachim Schoeps (Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, 3/00). Die Münchner Kultusverwaltung, gestützt auf eine "liberale" Erlanger Fakultätsmehrheit, plante 1976 Schoeps’ Lehrstuhl für Geistes- und Religionsgeschichte in einen Konkordatslehrstuhl umzuwidmen. Wohl auch als "späte Rache" für Schoeps’ Kritik am politischen Opportunismus seiner Kollegen sorgte man dafür, daß nach der Emeritierung des unbequemen Zeitgeist-Analytikers dessen Lehrtradition nicht fortgesetzt wurde.

 

Preußens Leitkultur: Von Hugenotten befestigt

BAD KARLSHAFEN. Zu den demagogischen Argumenten im "Migrationsdiskurs" gehört der Hinweis auf die "vorbildliche" Aufnahme der 1685 aus Frankreich vertriebenen Hugenotten in deutschen Landen. Dabei wird regelmäßig der historische Kontext genauso unterschlagen wie der Umstand, daß es sich um sozialverträgliche innereuropäische, die preußische "Leitkultur" festigende Zuwanderung handelte. Ein historisches Beispiel also, das veranschaulicht, wie wenig sich "Multikulturalisten" heute um Essentialia der Integration kümmern. Die am Sitz des Deutschen Hugenotten-Museums in Bad Karlshafen redigierte Zeitschrift Hugenotten vermittelt in ihrer jüngsten Ausgabe einen Einblick ins deutsche Hugenotten-Zentrum an der Weser (mit Fachbibliothek und Bildarchiv) sowie über Hugenotten-Museen in Europa.

 

Glaube statt Konsum: Religion in der Schule

FREIBURG. "Nicht die Standards senken" – mit dieser Devise möchte Eckard Nordhofen, Leiter der Zentralstelle Bildung der Deutschen Bischofskonferenz, den Religionsunterricht vor einer "völlig neuen Form von Totalitarismus" bewahren. Er glaubt deshalb am Bildungsauftrag der Kirche festhalten zu können, weil den Schülern im Religionsunterricht "ein Außerhalb des Funktionalismus" angeboten werde. Nordhofen meint, dieses Angebot finde Zuspruch, denn insgesamt stehe der Religionsunterricht besser da, als dies die veröffentlichte Meinung und die LER-Expansion suggeriere (Herder Korrespondenz, Heft 11/2000).


 
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