© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/00 24. November 2000

 
Manfred Bissinger
Permanenter Ego-Trip
von Ronald Gläser

Daß er unrasiert und unfreundlich zugleich daherkommt, ist nicht nur der erste Eindruck, den Manfred Bissinger hinterläßt. Auch auf den zweiten Blick ist der Chefredakteur der Woche kein Sympathieträger. Er gilt als unfreundlicher und unbelehrbarer Linker. Ein Kenner urteilt über den gebürtigen Berliner: "Der ändert seine Meinung nie."

Seine linke Gesinnung zieht sich wie ein dunkelroter Faden durch seinen Lebenslauf. Nach seiner Ausbildung fand er im Staatsrundfunk, bei "Panorama", Unterschlupf. Dann wechselte er zum Stern. Hier brachte er es bis zum stellvertretenden Chefredakteur. Henri Nannen bezeichnet er heute nicht ohne Stolz als seinen "Lehrmeister". Er tut das, obwohl er von Nannen seinerzeit vom Dienst suspendiert worden ist. Seine Kritik verpackt er lieber in abfälligen Äußerungen über das Magazin selbst.

Der vorläufige Höhepunkt seiner Karriere war der Chefredakteursposten beim ultralinken Kampfblatt konkret von 1981 bis 1983. Es kam noch besser: 1993 hat er die Leitung der Hamburger Wochenzeitung Die Woche übernommen. Er ist Herausgeber, Geschäftsführer und Chefredakteur in einem. Bissinger ist also wie kein anderer für die Linie der Zeitung verantwortlich, über die sogar die linksliberale Süddeutsche Zeitung urteilt, sie sei ein "halbamtliches Mitteilungsblatt" der rot-grünen Bundesregierung.

Daß das so weit nicht hergeholt ist, könnte auch daran liegen, daß Bissinger vor zwanzig Jahren unter Hans-Ullrich Klose wirklich einmal Pressesprecher des Hamburger Senats war. Diese alte Verbindung ist noch heute so intakt, daß Bürgermeister Ortwin Runde sich kürzlich per Pressemitteilung genötigt sah, dem 60jährigen zum Geburtstag zu gratulieren. Bissinger versteht sich darauf, sich alte Bekanntschaften zunutzen zu machen, um sich in Szene zu setzen. Im Stern ließ er vor zwei Jahren verkünden, er sei Medienberater von Gerhard Schröder.

Manfred Bissinger befindet sich auf einem permanenten Egotrip. Trotzdem versucht er, Stil zu wahren und sich selbst als den intellektuellen Beobachter und Analytiker am Rande des Geschehens darzustellen.

Die Bundestagswahl hat Alt-Linken wie ihm zusätzlichen Rückenwind verschafft. Von der SPD-Linken sieht er die künftigen Impulse in der deutschen Politik ausgehen. In diesen Zusammenhang gehört auch seine jüngste Kampagne, "Netz gegen Rechts". Er hat sich einmal mehr als guter Antifaschist und Volksfrontaktivist erwiesen. Im Gleichschritt marschieren, dank Bissinger, das ZDF und Bild gemeinsam mit dem Neuen Deutschland und der taz gegen Rechts. Axel Springer dreht sich im Grab um, und die Postkommunisten können ihre wachsende Akzeptanz feiern.

Auch das Netz gegen Rechts dient letztlich dem Zweck der Selbstdarstellung. Der Initiator der jüngsten Hysteriekampagne möchte nicht nur seine Gegner verunglimpfen, sondern sich selbst auch möglichst nachhaltig ins rechte (?) Licht rücken.


 
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