© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/00 24. November 2000

 
Auf den Spuren der FPÖ
Parteien: Rolf Schlierer als Vorsitzender der Republikaner wiedergwählt / Kampf um den Wiedereinzug in den Landtag hat begonnen
Moritz Schwarz

Unter dem Schutz von über zwei tausend Polizisten hielten die Re publikaner am vergangenen Wochenende im württembergischen Winnenden, nahe der Landeshauptstadt Stuttgart, ihren diesjährigen Bundesparteitag ab. Hubschrauber, Straßensperren und gepanzerte Bereitschaftspolizisten erwarteten den Parteitagsbesucher bei der Einfahrt nach Winnenden. Unter den Läufen geladener Maschinenpistolen der Polizei mußten sich die Delegierten ihren Weg zur Stadthalle bahnen. Etwa dreitausend Demonstranten "gegen Rechts" hatten sich auf Einladung von SPD, DGB, VVN, Grünen, DKP und PDS versammelt und waren unter Drohungen vor den Tagungsort gezogen.

Der Parteitag zeigte, daß die Republikaner augenscheinlich dem Erfolgsrezept der FPÖ folgen, die Konservatismus mit einem modernen Image verkauft. So präsentierte sich die Partei nicht nur mit einem neuen Logo, auch gab es statt Marschmusik die Rock-Hymne "The final Countdown" zum Einmarsch. Eine Multivisions-Leinwand und eine professionelle Parteitagsregie ersetzten die frühere Bierzelt-Eigendynamik. Durchaus ein "Quantensprung", wie ein Parteitagsteilnehmer anmerkte.

Bemerkenswert ist das Verschwinden der drei REP-Rauten, die stets auf die bayerische Herkunft der Partei verwiesen hatten. Das neue Logo ist dagegen, wenn auch nur in seiner großen Ausführung gut sichtbar, mit den staufischen Löwen des Landeswappens von Baden-Württemberg unterlegt. Ein Hinweis, daß die Partei das "Ländle" inzwischen als ihr Stammland versteht. In Baden-Württemberg sitzen die Republikaner seit 1992 im Landtag, 1996 wurden sie mit 9,1 Prozent wiedergewählt. Insofern ist die im März 2001 anstehende Landtagswahl von großer Bedeutung, entscheidet doch der dann zweite Wiedereinzug in den Landtag darüber, ob die bundesweit vorerst gescheiterten Republikaner als einzige demokratische Rechtspartei Deutschlands wenigstens auf Landesebene parlamentarisch vertreten bleiben.

Im Mittelpunkt des Treffens der 384 Delegierten stand die Wahl des Bundesvorstandes. Wie erwartet wurde der bisherige Vorsitzende und gleichzeitige Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, Rolf Schlierer, mit 312 zu 63 Stimmen wiedergewählt. Einziger Herausforderer war der Wiesbadener Republikaner-Stadtrat Hans Hirzel, ein ehemaliges Mitglied der studentischen Widerstandsgruppe "Weiße Rose" im Dritten Reich. Hirzels Kandidatur richtete sich, nach eigenen Worten, nicht gegen Schlierer, sondern gegen die jüngste Diffamierung der Republikaner im Zuge des "Kampfes gegen Rechts". Er wolle die Partei nach außen schützen, nach innen einigen und suchte ausdrücklich die Zusammenarbeit mit Schlierer. Die Delegierten bedachten Hirzel allerdings schon während seiner Rede mit offensichtlicher Mißachtung. Dabei überraschte seine Kandidatur durchaus, war doch zuvor der hessische Generalsekretär sowie Kreis- und Stadtrat Gottfried Burischek als Gegenkandidat im Gespräch. Burischek nahm von seinem Ansinnen Abstand, als er von Hirzels Kandidatur erfuhr, um das Lager der Schlierer-Gegner nicht zu spalten. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT äußerte Burischek im Gegensatz zu Hirzel allerdings erhebliche Kritik an Schlierer: "Das innerparteiliche Betriebsklima ist unter Schlierer – vornehm ausgedrückt – eisig geworden." Ausdrücklich betonte er, daß es "nicht um einen Richtungsstreit" gehe. Der Streit um den Schlierer-Kurs in Sachen Abgrenzung zu DVU und NPD spiele hierbei keine Rolle, im Gegenteil, die "Abgrenzung ist notwendig". Auch Hirzel hatte zuvor eine solches Zusammengehen ausdrücklich abgelehnt.

Auch bei den Bundesvorstandswahlen hatten die Kritiker keine Chance: Burischek fiel bei der Wahl durch, und Schlierers vielleicht erbitterster Gegner, Christian Käs, Landesvorsitzender von Baden-Würrttemberg, war erst gar nicht angetreten. Den Bundesvorstand besetzten schließlich: Johann Gärtner (Bayern), Heimo Hoch (Hessen), Werner Müller (Berlin), Frank Rohleder (Sachsen) und Uschi Winkelsett (NRW).

Auch zahlreiche Gäste waren auf Einladung der Republikaner nach Winnenden gekommen, darunter der belgische Senator und Vlaams Blok-Politiker Wim Verreycken, der den Versammelten in seinem Grußwort Mut machte: "Wir, die gehaßten rechten Flamen, wurden angespuckt. Heute aber sind wir die stärkste Partei" und appellierte, Deutschland müsse "wieder das Herz des freien Europas" werden.

Ebenfalls geladen war der Vorsitzende des Bund Freier Bürger (BFB), Heiner Kappel. Der ehemalige FDP-Landespolitiker betonte in seiner Rede, wie wichtig es sei, "eine konservative, streng demokratische Kraft in Deutschland zu etablieren, denn wir begrüßen zwar, was etwa Herr Merz sagt, befürchten aber, daß dahinter nichts mehr kommt". Auf die Frage, ob sein Auftritt vor dem Hintergrund seiner Bemühungen zur Fusion der demokratischen Rechtsparteien in Deutschland auch als Signal verstanden werden könne, antwortete er der JUNGEN FREIHEIT: "Ich hoffe, meine Worte sind von den Delegierten als Appell verstanden worden, nicht im eigenen Saft zu schmoren."

Die Delegierten begrüßten die Rede Kappels, das Thema Parteienfusion wurde allerdings nicht weiter diskutiert. Statt dessen widmete man sich der Diskussion zweier Resolutionen des Bundespräsidiums "Für eine effektive Bekämpfung der Gewaltzunahme" und "Eine deutsche Leitkultur ist zur Sicherung des inneren Friedens unverzichtbar". Während erstere weitgehend einhellig beschlossen und "politisch motivierte Gewalt in jedem Fall als nicht hinnehmbar" erklärt wurde, gab es um die zweite Resolution heftigen Streit. Während einige Kritiker "Leitkultur" als Augenwischerei ablehnten, da Zuwanderung, Ausländer-Geburten-Überschuß und American way of live in Deutschland bereits jedwedes Beharren auf einer "deutschen Leitkultur" zum Selbstbetrug machten, lehnten andere den Begriff "Leitkultur" als "Vokabel der CDU" ab und plädierten für "Assimilation statt Integration", so wie es auch im Einwanderungsland USA verlangt würde. Schließlich setzten sich die Befürworter der Leitkultur-Resolution, für die sich auch Rolf Schlierer stark machte, mit dem Argument durch, die Leitkultur-Debatte eröffne zum ersten Mal die Chance, "einen Begriff mitzuprägen und die Diskussion mitzugestalten". Zudem sei der Begriff in der Union "schon wieder schwer umstritten", müsse also wenigstens von den Republikanern "verteidigt" werden. Schlierer zeigte sich zuversichtlich, daß der Wiedereinzug in den Landtag von Baden-Würrtemberg gelingen werde. Analysen der vergangenen Wahlerfolge der Republikaner hätten gezeigt, daß "wir in den Ballungsgebieten am ehesten der SPD Wähler wegnehmen", dieser Tatsache werde der Wahlkampf Rechnung tragen. Als Reaktion auf die verschärfte Diffamierung der Republikaner im Zuge der "Kampagne gegen Rechts" werde man verstärkt einen "Wahlkampf der Gesichter, der Köpfe und Persönlichkeiten führen" .


"Dieser Kurs hat eine Mehrheit"

Herr Dr. Schlierer, sind Sie mit Ihrem Wahlergebnis zufrieden?

Schlierer: Das ist das beste Ergebnis, das ich bisher erzielt habe. Der Stimmenzuwachs zeigt, daß ich mit meiner Arbeit auch Parteifreunde überzeugen konnte, die mir beim letzten Mal ihr Vertrauen noch nicht geschenkt haben.

Wie interpretieren Sie die Gegenkandidatur von Hans Hirzel?

Schlierer: In jeder Partei gibt es auch eine Opposition. Solche Opposition personalisiert sich naturgemäß in einem Gegenkandidaten. Das Wahlergebnis macht aber die Kräfteverhältnisse deutlich.

Hirzel begründete seine Kandidatur mit der Notwendigkeit einer moralischen Offensive gegen die jüngsten, moralisch getarnten Verleumdungen "gegen Rechts". Halten Sie diese Begründung für von der Parteiopposition vorgeschoben?

Schlierer: Herr Hirzel, der es bestimmt ehrlich gemeint hat, tut mir etwas leid, weil er hier ganz offensichtlich instrumentalisiert wurde. Ich weiß, daß bestimmte Leute auf ihn eingewirkt haben, denen es um ganz anderes geht.

Werden Sie sich bemühen, jene, die Sie hinter Hirzel vermuten, einzubinden, oder werdem Sie eine "klare Linie fahren", die die Positionen weiter polarisiert?

Schlierer: Ich habe immer einen bestimmten Standpunkt deutlich gemacht, dieser Kurs hat eine Mehrheit und wird also auch in Zukunft klar beibehalten werden.

 

 

"Niemand hat mich instrumentalisiert"

Herr Hirzel, wieso haben Sie gegen Rolf Schlierer kandidiert?

Hirzel: Unsere Partei muß die Schweigemauer, die um sie herum errichtet worden ist, überwinden. Das ist der jetzigen Führung nicht gelungen.

Schlierer äußerte, Sie hätten sich instrumentalisieren lassen?

Hirzel: Mich instrumentalisiert niemand. Ich schrieb Rolf Schlierer zwei Briefe, in denen ich Gespräche über gewisse Fehlentwicklungen anbot. Darauf erhielt ich eine Antwort, die besagt, daß er auf meine Briefe sachlich nicht einginge. Rolf Schlieres Charakterstruktur hat einen stark "autistischen" Einschlag.

Sie behaupten, Ihre Rede auf dem Parteitag sei gezielt gestört worden.

Hirzel: Gewiß war dies so. Rolf Schlierer hat um sich herum eine Seilschaft innerhalb der Partei errichtet, deren einzelne Glieder eng zusammenarbeiten. Nur ist dadurch allein noch nichts für die Ziele unserer Partei getan.

Ist es nicht verletzte Eitelkeit, wenn Sie jetzt verbieten, daß sich die Partei weiter auf Ihre Mitgliedschaft in der "Weißen Rose" beruft?

Hirzel: Von Gegnern unserer Partei wurde ich beschimpft, ich sei bloß ein "Aushängeschild". Ich habe die Partei dagegen in Schutz genommen. Nach der Rede, die gegen mich gehalten wurde, ist dies nicht mehr möglich. Ich werde jedoch weiterhin für die Ziele der Partei eintreten.


 
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