© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    03/01 12. Januar 2001

 
Peter Paul Rainer
Der Verkannte
von Jörg Fischer

Der ehemalige Vordenker des Südtiroler Schützenbundes und Berater der Freiheitlichen Partei, Peter Paul Rainer, ist in der vergangenen Woche in einer Wiener Privatwohnung festgenommen worden. Seit Mai vorigen Jahres suchte ihn die Polizei aufgrund eines internationalen Haftbefehls. Das Oberlandesgericht in Brescia/Oberitalien hatte den 33jährigen zu zwanzigeinhalb Jahren Gefängnis wegen des Mordes an seinem früheren politischen Weggefährten, dem Südtiroler Landtagsabgeordneten Christian Waldner, verurteilt. Das Urteil erging, nachdem der zweitinstanzliche Freispruch Rainers vom Kassationsgericht in Rom aufgehoben worden war, nach der vierten Gerichtsverhandlung in derselben Sache.

Die Bluttat vom 17. Februar 1997 im Hotel Reichrieglerhof oberhalb Bozens gehört mit ihren zahlreichen Verwinkelungen sicherlich zu den spektakulärsten und mysteriösesten Mordfällen in der Südtiroler Kriminalgeschichte. Dabei geht die Staatsanwaltschaft von der These aus, der Mord sei eine Beziehungstat Rainers gewesen. Dieser habe – laut eines Anfangsgeständnisses – sein Leben durch das Mordopfer ruiniert gesehen, sei mit einem gefälschten Abiturzeugnis erpreßt worden. Die Verteidigung sieht in dem zurückgezogenen Geständnis keine Beweiskraft. Sie argumentiert, politische Kräfte in Italien hätten ein Interesse daran, Rainer, den Befürworter einer Wiedervereinigung Tirols, zu kriminalisieren. Eine dritte These besagt, Rainer habe lieber unter besonderen psychischen Belastungen eine Beziehungstat eingeräumt, als eigene geheimdienstliche Machenschaften zuzugeben.

Die These, Peter Paul Rainer sei als Doppelagent sowohl für den Militärgeheimdiest Österreichs als auch für den Italiens tätig gewesen, soll in österreichischen Sicherheitskreisen Lachen hervorgerufen haben. Eine Erklärung für das Geständnis könnte der Umstand sein, daß der Südtiroler unter psychosomatischen Kopfschmerzen und Panikattacken litt. Inzwischen haben sich die politischen Freunde Rainers – dessen Vorbilder nach eigenen Angaben der Papst sowie der Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer sind – von ihm distanziert, seine Frau ließ sich von ihm scheiden. Nach seinem Freispruch arbeitete er neun Monate für den katholischen Sender Radio Horeb im Oberallgäu. Dort sollen ihn die Mitarbeiter wie einen Heiligen verehrt haben. Die Wohnung, in der Rainer in Wien festgenommen wurde, war Südtiroler Medienberichten zufolge unter dem Namen Nöbauer gemeldet. Eine Moderatorin gleichen Namens arbeitet bei Radio Horeb.

Der Anwalt Rainers, der ehemalige FPÖ-Justizminister Harald Ofner, will jetzt vor allem die Auslieferung seines Mandanten nach Italien verhindern. Als Südtiroler gehöre Rainer einer Minderheit an, und es werde zu prüfen sein, ob seinem Mandanten in Italien ein menschenrechtskonformes Verfahren erwarte. Zu einer ersten Verhandlung soll es am 17. Januar kommen.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen