© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/01 19. Januar 2001


Konformisten
von Carl Gustaf Ströhm

Die wildesten Revoluzzer werden auf ihre älteren Tage zu lammfrommen Konformisten des bestehenden Systems. Diese Erkenntnis bestätigt sich nicht nur in Deutschland in der Gestalt des einstigen Gewalttäters und jetzigen Nato-Dieners Joseph alias Joschka Fischer. Auch in den früheren Ostblockländern treten jetzt die alten Kommunisten von einst als große Demokraten und Freunde der Nato und der westlichen Integration auf. In Rumänien etwa, das gerade turnusmäßig den OSZE-Vorsitz von Österreich übernahm, regiert derzeit Ion Iliescu, einstiger ZK-Sekretär und Tennispartner des kommunistischen Diktators Ceausescu.

Der Mann, der formell an der Spitze der europäischen Sicherheit steht, hat nicht nur beim Sturz und der eiligen Hinrichtung Ceausescus eine bemerkenswerte Rolle gespielt. Er hat sich auch nach dem Sturz des roten Regimes nicht gescheut, die rumänischen Bergarbeiter lastwagenweise in die Hauptstadt Bukarest zu karren, wo die "Proletarier" mit Stangen bewaffnet über politische Gegner Iliescus herfielen. Rumänien ist nur ein, wenn auch besonders krasses Beispiel. In anderen postkommunistischen Staaten, wo "gewendete" rote Genossen – meist unter sozialdemokratischer Bezeichnung – Macht und Regierung übernahmen, ging es nicht ganz so wild, dafür aber sehr effizient zu: Wenn auch vom Kommunismus als Ideologie nicht viel übrigblieb, die kommunistische Kaderpolitik blieb, oft unter dem Deckmantel der "Demokratisierung", erhalten. Der Westen aber hat weder an Iliescu noch an den anderen Postkommunisten etwas auszusetzen: Sie fressen ihm nämlich aus der Hand.


 
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