© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/01 19. Januar 2001

 
Georg Prinz von Preußen
Der Thronfolger
von Karl Habsburg-Lothringen

Wenn man als Österreicher über Preußen schreibt, ist dies so eine Sache. Man muß sich nur die Grundprinzipien anschauen, die auf beiden Seiten prägend waren. Auf der einen Seite eine harte, eben "preußische" Disziplin, eine klare Einstellung und ein bedingungsloser Befehlsgehorsam. Auf der anderen Seite Flexibilität, der "österreichische", oft sehr gewundene und biegsame Weg, gepaart mit einer gemütlichen Planlosigkeit. Bei einer genaueren und distanzierteren Betrachtungsweise müssen wir feststellen, daß diese scheinbaren Gegensätze zweifellos historisch die Kongenialität im deutschsprachigen Raum des Heiligen Römischen Reiches ausgemacht haben und daß wahrscheinlich die größte Tragödie für Preußen – und damit für Deutschland – der Bruch mit Österreich und der daraus resultierende Konflikt war.

Ebenfalls auf der Strecke blieben leider auch viele der preußischen Tugenden. Hier ist genau der Punkt, an dem der junge Preußenchef einhaken und mit seinem Beispiel zeigen kann, daß viele Traditionen, entgegen dem Wunsch einiger Berufsliberaler, eben nicht tot sind, sondern weit in die Zukunft weisen.

Georg Friedrich Prinz von Preußen wußte schon von frühester Jugend an, was für eine Verantwortung auf ihn zukommen würde. Sein Vater, Prinz Louis Ferdinand jun., starb infolge eines tragischen Unfalls während einer Wehrübung im Jahr 1977. Georg war gerade ein Jahr alt. Später erhielt er eine internationale Ausbildung. Seinen Schulabschluß machte er auf einem Internat in Schottland, derzeit studiert er Betriebswirtschaftslehre in Freiberg/Sachsen. Er hatte das große Privileg, als Kind und junger Mann noch viel Zeit mit seinem Großvater, dem legendären Prinz Louis-Ferdinand, verbringen zu können, der durch sein exemplarisches Leben und historisches Wissen sicher auch in einem starken Maße für die Grundeinstellung des Prinzen Georg mitverantwortlich war. Nach dem Tod von Louis-Ferdinand sen. am 25. September 1994 wurde Prinz Georg Friedrich, gerade einmal 18jährig, Chef des Hauses.

Bei einem Gespräch mit ihm kamen wir einmal auf die Frage der preußischen Tugenden zu sprechen. Hierbei unterschied er diejenigen "Sekundärtugenden", die landläufig mit dem Begriff Preußen verbunden werden, wie Disziplin, Pünktlichkeit und Ordnung. Diese machten nun einmal hauptsächlich das Klischee aus. Wirklich zählen würden aber die Kardinaltugenden wie Pflichterfüllung und Toleranz, die die Entscheidungen seiner Vorfahren am meisten geprägt haben und denen man die Zeitlosigkeit nicht absprechen kann.

In diesem Sinne und im Licht der Ereignisse des letzten Jahrhunderts ist es notwendig, in Deutschland darauf hinzuweisen, daß es eben auch über Jahrhunderte eine große Geschichte hatte, auf die man stolz sein kann. Eine Geschichte, deren Grundwerte in ihrem Zusammenwirken und nicht in ihrem isolierten Extrem die Basis für eine ausgezeichnete Staatsidee darstellen.


 
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