© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/01 19. Januar 2001

 
Der lange Arm des Joschka Fischer
Verlag Kiepenheuer & Witsch löst den Vertrag mit Bettina Röhl für ihr geplantes Buch "Sag mir, wo Du stehst"
Andreas M. Daniel

Kostenlose Reklame für ein Buch, das erst noch erscheinen soll, läßt normalerweise jedes Verlegerherz höher schlagen. Aber was ist schon "normal" in Zeiten, in denen ein Außenminister sich seiner früheren Militanz gegen das verhaßte "Schweinesystem" als läßliche Jugendsünde erinnert? So teilte der Verlag Kiepenheuer & Witsch am Freitag voriger Woche überraschend mit, daß er den Buchvertrag mit Bettina Röhl "fristlos aus wichtigem Grund gekündigt" hat. Die Tochter von Ulrike Meinhof wollte in dem Kölner Verlag ihr Buch "Sag mir, wo Du stehst" veröffentlichen. Daß in demselben Verlag auch der von ihr attackierte Außenminister unter Vertrag steht, wurde ihr jetzt zum Verhängnis. Zur Begründung seines Rückziehers verwies der Verlag nämlich auf die von Frau Röhl "mit allen ihr zur Verfügung stehenden, auch unseriösen Mitteln" geführte öffentliche Kampagne gegen "unseren langjährigen Autor" Joschka Fischer.

Wörtlich heißt es: "Kiepenheuer & Witsch kann es nicht hinnehmen, daß eine Autorin gegen einen Autor des Verlages einen öffentlichen Vernichtungsfeldzug unter ständiger falscher Bezugnahme auf das in unserem Verlag angekündigte Buch führt." Kiepenheuer & Witsch hält die geplante Ausrichtung und die Seriösität des Buches nicht mehr für gewährleistet. "Angesichts der öffentlichen Kampagne von Bettina Röhl haben von ihr für ihr Buch Interviewte ihre Einwilligung zum Abdruck ihrer Informationen widerrufen, da sie sich durch die Kampagne von Frau Röhl in eine geistige Umgebung gestellt sehen, in der sie sich der Öffentlichkeit nicht präsentieren wollen", heißt es in der Verlagsmitteilung.


 
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