© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/01 26. Januar 2001

 
WIRTSCHAFT
Unvollständige Stromliberalisierung
Bernd-Thomas Ramb

Strom kommt eben nicht immer aus der Steckdose. Diese Erfahrung müssen derzeit viele Stromverbraucher in Kalifornien machen. Für Amerikaner bedeutet dies eine schockierende Erkenntnis, galt doch Elektrizität bislang als eine unerschöpfliche Quelle, deren Verbrauch kaum noch wahrgenommen, geschweige denn kritisch überprüft wurde. Nun beherrschen fast tägliche mehrstündige Stromabschaltungen den Alltag. Ursache der Stromausfälle sind die unbezahlten Rechnungen der Stromvertreiber bei den Stromproduzenten. Daher wird diesen und damit deren Kunden kurzerhand der Strom gesperrt. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang, wie er auch in Deutschland in Einzelfällen immer wieder passiert. Der Unterschied ist nur, daß von den Stromsperren nun Kunden betroffen sind, die eigentlich ihre Rechnung immer pünktlich bezahlt haben. Ursache dafür ist wiederum, daß der Stromkunde, wie zunehmend in Deutschland auch, nicht direkt beim Kraftwerksbetreiber kauft, sondern über einen Stromzwischenhändler. Das nennen viele dann bereits die Liberalisierung des Strommarktes und sehen deshalb auch darin die Schuld am amerikanischen Stromdesaster.

Zu einer konsequenten Liberalisierung gehört aber nicht nur ein freier Anbieterwettbewerb, sondern auch eine freie Preisgestaltung. Wenn diese jedoch ausgeschaltet wird und die Einnahmen die Kosten übersteigen, wie es in Kalifornien der Fall ist, folgt die Firmenpleite zwangsläufig. Denn für die Defizite kommt keine Staatskasse auf wie im staatlichen Stromverteilungsmonopol. Mit unvollständigen Liberalisierungen kann man trefflich Marktversagen vorgaukeln, woran insbesondere die ewiggestrigen staatlichen Marktregulierer interessiert sind. Eine effiziente Stromversorgung wird dadurch nicht erreicht.


 
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