© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/01 26. Januar 2001

 
Rumorender Pluralismus
Papst ernannte neue Kardinäle / Bischof Lehmann ging leer aus / Deutsche Katholiken planen Sammlungsbewegung
Alexander Barti

Am 21. Januar hat Papst Johannes Paul II. 37 neue Kardinäle ernannt. Damit zählt das Kardinalskollegium jetzt 178 Mitglieder. Sie werden in der Konklave den nächsten Papst in geheimer Wahl und unter Ausschluß der Öffentlichkeit wählen. Allerdings nicht alle, denn nach den Bestimmungen des Heiligen Stuhls sind nur die unter 80jährigen wahlberechtigt; derer gibt es nun 128.

Die Kardinäle kommen aus der ganzen Welt und spiegeln so den universalistischen Anspruch der katholischen Kirche wider. Mit jetzt sieben deutschen Kardinälen, den vier österreichischen und zweien aus der Schweiz sind die Länder des deutschen Sprachraumes im Kardinalskollegium überproportional vertreten.

Durch die sehr lange Amtszeit Johannes Pauls II. ist ein Wahlgremium entstanden, das im wesentlichen die Anliegen des amtierenden Papstes widerspiegelt. Damit ist gewährleistet, daß der Nachfolger den Weg seines Vorgängers weiter beschreiten wird. Wer immer der neue Papst werden wird, er wird es nicht leicht haben, den rumorenden Pluralismus in der Kirche zu bändigen. Neben der großen Gleichgültigkeit in der Mitte der Gläubigen zerfransen die Ränder: die Kluft zwischen Konservativen und Liberalen scheint – zumindest in Deutschland – weiter zuzunehmen.

Der langjährige Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, ist mal wieder leer ausgegangen. Den Purpur bekamen hingegen Walter Kasper und Leo Scheffczyk. Kurienbischof Kasper (67), Sekretär des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, zeigte sich "tief enttäuscht" von dem Ratzinger-Dokument "Dominus Jesus"; mehrfach kritisierte er den "Zentralismus des Vatikan" und meinte, das Primat des Papstes sei nur ein "Ausnahmezustand", zudem "entstellt" durch das I. Vatikanische Konzil. Als Gegengewicht zu dem liberalen Kritiker soll wohl der Münchner Dogmatikprofessor Scheffczyk fungieren. Allerdings hat dieser seine achtzig Lenze schon erreicht und wird so bei der nächsten Papstwahl keine Rolle spielen.

Unter den 37 neuen Kardinälen gibt es eine weitere interessante Ernennung: Juan Luis Cipriani Thorne, Erzbischof von Lima. Er ist zuständig für die Kongregation für den Klerus und außerdem Mitglied des Opus Dei. Gerade dieser Umstand wird einen Aufschrei unter den Progressiven nach sich ziehen, gilt doch das "Werk Gottes" als erzkonservative Kaderschmiede von Laien und Priestern mit "sektenähnlichen Strukturen".

Vielleicht stehen nicht nur im fernen Rom die Zeichen auf "Reaktion": ein Forum Deutscher Katholiken plant am 8. und 9. Juni 2001 einen Kongreß, "Freude am Glauben", um die traditionalistischen Gläubigen zu sammeln. Sie werfen Lehmann mangelnde Romtreue vor und sehen sich als Gegengewicht zum liberalen Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK). Die spirituelle Bandbreite ist weit gesteckt: Opus-Dei-Mitglieder sollen ebenso willkommen sein wie charismatische Bewegungen, Fatima-Gruppen oder Abtreibungsgegner. Ebenso mit von der Partie ist die Petrus-Bruderschaft, die wiederum gegen die von Rom verworfene Priesterbruderschaft St. Pius X. opponiert. Jede Menge Streß ist damit vorprogrammiert.


 
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