© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/01 02. Februar 2001

 
Kolumne
Junge Schnösel
von Peter Sichrovsky

Da hatte einst ein deutscher Journalist Jörg Haider als Kriminellen erkannt, dann aber wieder dementiert, daß mit dem Begriff " Gauner" eine Kriminalisierung gemeint gewesen sei – und dies außerdem noch als seine eigene Meinung und nicht als Beschreibung einer Tatsache verteidigt… Nun mal langsam, das kann man nicht so schnell verdauen, wie die Preußen ein Eisbein hinunterschlingen.

Wir sind es ja schon gewohnt, daß Journalisten sich anstellen, um Jörg Haider ans Bein zu pinkeln. Jeder wartet geduldig, bis er an der Reihe ist, und vertreibt sich die Zeit mit Versuchen, mit anderen Pisch-Übungen an anderen Beinen Aufmerksamkeit zu erregen, doch das funktioniert nicht richtig. Bein ist halt nicht Bein, wenn auch der eigene trübe Strahl immer gleich riecht.

Wichtig für die tägliche Arbeit ist: Beim Richtigen zur richtigen Zeit schnell mal das Hosentürl auf – und hoffentlich hat's auch jeder gesehen! Denn die Qualität der Provokation steht und fällt mit dem Bekanntheitsgrad des als Bedüfnisanstalt benutzten Helden. Je bekannter der Held, desto bekannter wird auch der, der ihm ans Bein macht. Und was ist einem Journalisten nicht alles die Bekanntheit wert!

Wer den jungen Schnösel vom ZDF in der ZiB3 des ORF sah – wie er sich zuletzt auch noch als Antifaschist vorkam und, nicht endend wollend, seine Heldentat gegen Jörg Haider schwer atmend mit der Rettung der Demokratie gleichsetzte –, der wird verstehen können, wie wichtig das Bein für ihn war, an dem er sich erleichterte.

Vielleicht sollten wir es diesem Berufsstand auch nicht so schwer machen. Diese Journalisten leben von der Provokation, nachdem ihre Informationen nicht mehr gefragt sind. Jede ausführlich recherchierte Geschichte würde tage- und manchmal wochenlange Arbeit erfordern, während so eine kleine Frechheit, in ein paar Sekunden ausgesprochen, viel mehr Aufmerksamkeit bringt.

Es war ja auch letzten Endes nur seine Meinung, versuchte sich der Journalist zu verteidigen und setzte gleich hinzu, daß, wer immer seine Meinung mit der Realität vergleiche, sei selber schuld .

Meinungsjournalismus, so lernen wir also, entfernt sich immer weiter von der Wahrheit und hat mit Tatsachen nichts mehr zu tun. Des Journalisten Meinung darf daher um Gotteswillen auch nicht ernst genommen werden. Dies ist ein Recht der Journalisten und kann vor Gericht auch als solches verteidigt werden.

 

Peter Sichrovsky ist Europaabgeordneter der FPÖ und für Außenpolitik zuständiger Generalsekretär


 
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