© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/01 02. Februar 2001

 
Entflechtet und wieder verflochten
Unternehmen: Die einstmals beamtenstaatliche Postbank trägt noch viele Altlasten
Bernd-Thomas Ramb

Die jüngst durch ihr politisch motiviertes Geschäftsgebaren zusätzlich ins Gerede gekommene Deutsche Postbank steht im stürmischen Bankgewerbe schon länger unter Druck. Unter einem parteipolitisch gefärbten und gewerkschaftlich dominierten Management schwinden zusehends die anfänglichen technologischen Vorsprünge, die aus der ehemals engen Zusammenarbeit mit der heutigen Telekom in Zeiten der staatlich geschützten Postmonopolwirtschaft entwickelt werden konnten. Nun privatisiert und in den Wettbewerb der Geschäftsbanken geworfen, droht der Postbank im Sog ihrer antiquierten Unternehmensstruktur der Niedergang. Die Gespenster der hoheitlichen Geschäftsführung können nicht vertrieben, die gewerkschaftlichen und politischen Fesseln nicht abgestreift werden. Kein Wunder, daß die Postbank zunehmend wie Sauerbier zur Übernahme angeboten wird, aber die gesamte Bankenbranche dankend abwinkt.

Dabei stand der 1995 vollzogene Start in die Privatwirtschaft unter günstigen Sternen. Seit Einführung des Btx-Systems, einer Art Vorläufer des Internet, durch die deutsche Bundespost, die zu dieser Zeit noch Telefon-, Post- und Bankdienst in staatlicher Monopolstellung unter einem Dach verwaltete, konnte die Postbank fast ebenso monopolartig die Kontoverwaltung über Computer und Telefonmodem anbieten. Dieser technische Vorsprung verschwand jedoch mit Privatisierung des Post- und Fernmeldemonopols. Seitdem Btx für die private Bankenwelt eröffnet wurde, hat dort die große Aufholjagd begonnen. Spätestens mit der intensiven Internetnutzung und dem steigenden Verständnis von Begriffen wie Homebanking und Online-Brokerage in der breiten Öffentlichkeit war der monopolistische Vorsprung perdu.

Doch bis dahin saß die Postbank auf hohem Roß. Die Zerschlagung des Postmonopols, mit dem ersten Schritt der Abspaltung des Telekombereichs unter Beibehaltung von gelber Post und Postbank unter einem Dach, wurde mit Empörung zur Kenntnis genommen. Der Gedanke, mit Briefträgern und Paketausträgern weiterhin in einen Topf geworden zu werden respektive hinter dem gleichen Schalter zu hausen, war den feinen Bankpinkeln ein Graus. So trat 1997 der amtierende Postbankchef Schneider aus Protest zurück, weil der Postbank nicht nur ein Verbleib hinter den Postschaltern aufgezwungen wurde, sondern auch noch Nutzungskosten in Höhe von 0,78 bis 1,14 Milliarden Mark jährlich zu zahlen waren.

Anfängliche Versuche, ebenso wie die technisch hochangesehene Telekomschwester in eine alleinige Selbstständigkeit entlassen zu werden, wurden von den etwas weitsichtigeren Postprivatisierern schnell aufgegeben. Schließlich durfte die Postbank kaum den formalen Anspruch erheben, eine Bank im üblichen Sinne zu sein. Dem widersprach schon die Tatsache, daß eine Kreditvergabe – vor allem für Privatkunden – praktisch ausgeschlossen war. Dem Nimbus, letztlich nicht mehr als ein schlichter Postsparbuchverwalter zu sein, konnte die Postbank bis heute nicht entrinnen.

Zunächst aber wurde versucht, das sinkende Postbankschiff möglichst günstig zu verscherbeln. Den Anfang bildeten im Mai 1997 die Bemühungen, den Versicherungen Allianz und Colonia sowie der Bausparversicherung BHW Beteiligung an der Postbank anzudienen. Nachdem die Postbank dort abblitzte, folgte noch im gleichen Monat die Idee, Teile der Postbank bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu parken, nachdem die Dresdner Bank zuvor Berichte heftigst dementiert hatte, sie sei an einer mehrheitlichen Übernahme des bundeseigenen Instituts interessiert. Mitte 1998 traf es als letzten die Commerzbank. Diese dementierte ebenfalls und schleunigst jede Übernahmegerüchte, was nach der Bekanntgabe der immensen Postbankverluste im Jahre 1998 im nachhinein niemanden verwundern
konnte.

Dem Verlust von fast einer halben Milliarde Mark 1998 konnte zwar im Folgejahr ein Überschuß in Höhe von 850 Millionen entgegengesetzt werden, allerdings nur aufgrund bilanztechnischer Klimmzüge, wie etwa "Erträge aus Zuschreibungen zu Beteiligungen, Anteilen an verbundenen Unternehmen und wie Anlagevermögen behandelten Wertpapieren" in Höhe von 1,9 Milliarden Mark.

An den geringen Gewinnaussichten der Postbank dürfte sich so schnell nichts ändern. Schon ein Blick auf die personelle Besetzung der Postbankspitze verdeutlicht die pessimistischen Zukunftsaussichten. Der Aufsichtsrat beherbergt überwiegend aktive und pensionierte Regierungsmitglieder, Ministerialbeamte und Abgeordnete, an der Spitze Alfred Tacke, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Joachim Henke, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Finanzen, und der Abgeordnete Paul Laufs. Dazu gesellen sich der ehemalige Staatsekretär Dr. Manfred Schüler und FDP-Bundesminister a.D. Hans Friderichs. Besonders erstaunt die Anwesenheit eines Vorstandsmitglieds der Deutschen Post AG im Aufsichtsrat der Postbank. Interessenkonflikte sind damit von vornherein einseitig ausgeschaltet. Die Ansammlung bankenfremden Sachverstands wird durch das erdrückende Übergewicht von Postgewerkschaftsmitgliedern auf der Arbeitnehmerseite ergänzt. Damit ist vielleicht Staat zu machen, aber kein modernes und technologisch spitzenmäßiges Bankinstitut.

Daran ändern auch die jüngsten Online-Anstrengungen der Postbank wenig. Immer noch beherrschen die traditionellen Postbankschalterkunden das Geschäft. Nach dem Geschäftsbericht für 1999 werden von den knapp vier Millionen Girokonten (die Zahl war gegenüber dem Vorjahr rückläufig) gerade einmal 650.000 im Online-Verfahren genutzt. Selbst der Möglichkeit der telefonischen Kontoführung bedienen sich nur 30 Prozent der Kunden. Der Rest wartet wie seit hundert Jahren am Postschalter. Auch die vollmundig angekündigte Aktienhandelsplattform dürfte nur wenige der alten Postsparbuchbesitzer zum "Easytrade" (Originalton Postbank) bewegen. Und welcher Jugendliche läßt sich schon von der biederen Postbankreklame überzeugen? Ob da eine Werbekampagne à la "Aktie gelb" noch etwas retten kann, dürfte den Bereich des Fraglichen verlassen.

Die gelbe Post bekam 1998 die Postbank zum "Schnäppchenpreis" von 4,2 Milliarden Mark vom Bund übereignet. Sehr zum Leidwesen der nach Höherem strebenden Postbanker. Dieses Bild hat sich nun ins Gegenteil verkehrt. Nicht nur durch die Werbung beim Börsengang festigt sich mehr und mehr der Eindruck einer trächtigen Zukunft der deutschen Post als modernes Dienstleistungsunternehmen in der Logistikbranche. Dazu konträr entwickelt sich die Postbank als wurmstichiger Klotz am Bein. Eine elegante Entledigung dieses Problems durch einen eigenständigen Börsengang dürfte aber noch mehr als beim vergleichsweise maroden Unternehmen Bahn zu der Erkenntnis führen: Aktie für den Junk-Asset-Bereich, unverkäuflich, allenfalls etwas für Zocker.

 

Seit dem Börsengang der "Aktie Gelb" vom November vergangenen Jahres gehören dem Bundesfinanzministerium – also dem Bund – 33,55 Prozent der Deutschen Post AG direkt.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist zu 80 Prozent im Bundesbesitz, 20 Prozent gehören den Bundesländern. Die KfW besitzt 33,45 Prozent der Deutschen Post AG.

33 Prozent der Aktien der Deutschen Post AG sind in "Streubesitz", d.h. kein Anleger besitzt mehr als fünf Prozent der Aktien.

Die Deutsche Post AG ist zu insgesamt 67 Prozent im Besitz von Bund bzw. – über die KfW – im Besitz der Bundesländer.

Die frühere Postbank der Bundespost wurde 1995 in eine AG umgewandelt. Die Deutsche Postbank AG ist zu 100 Prozent in den Konzern "Deutsche Post World Net" integriert.


 
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