© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/01 09. Februar 2001


Eigenes Potential
von Jörg Fischer

Die vom Bundeskanzler geplante Ausweitung der "Green Card" auch auf andere Wirtschaftsbereiche erntete vergangene Woche zu Recht heftige Kritik: Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit empfahl, daß Deutschland auf eigene Ressourcen zurückgreifen und das eigene Potential vernünftig nutzen solle. Einen Fachkräftemangel existiere nur im IT-Bereich, so Bernhard Jagoda. "Es gibt eine Fülle an qualifizierten Mitarbeitern, die auf ihre Chance warten." Darunter seien zumeist "keine Olympioniken", aber leistungsfähige Menschen mit Lebenserfahrung, erläuterte CSU-Mitglied Jagoda der Agentur Reuters.

Schröders Forderung ist auch deshalb fragwürdig, weil das "Green Card"-Kontigent von 20.000 Zuwanderern seit August 2000 nur zu einem Viertel ausgenutzt wurde. Und in den USA sollen bereits etwa 40.000 Internet-Programmierer durch die vielen Unternehmenspleiten der "New Economy" gefeuert worden sein. Und was ist mit den jetzt wieder über vier Millionen Arbeitslosen in Deutschland?

Sicher, es gibt bundesweit über 480.000 offene Stellen. Und bei einer Veränderung der "Zumutbarkeitsregelungen" läßt sich bestimmt ein Großteil der freien Arbeitsplätze besetzen – doch wenn die "Green Card" auch für Kellner und Handwerker gilt, hat Schröder sozialen Sprengstoff geschaffen: Er erklärt damit das Millionenheer der Erwerbslosen für unnütz und unbrauchbar.

Immerhin: Es stehen Wahlen an, und wenn die so Diskriminierten und ihre Familien keine Wahlenthaltung üben, können sie Schröder & Co. in die Arbeitslosigkeit schicken.


 
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