© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/01 16. Februar 2001


Politische Statistik
von Ekkehard Schultz

Bundesinnenminister Schily und die Mehrzahl seiner Amtskollegen in den Ländern haben sich in einem aktuellen Papier dafür ausgesprochen, künftig die Erfassung "politisch motivierter Straftaten" zu reformieren. So sollen rückwirkend ab 1. Januar alle diesbezüglichen Delikte zusätzlich in einer gesonderten Datei verzeichnet werden.

Nun ist die Polizeistatistik nahezu zwangsläufig ein Instrument mit erheblichen Lücken und Schwächen. So werden beispielsweise Taten, die sich aus mehreren strafrechtlich relevanten Handlungen zusammensetzen, sinnvollerweise nur unter dem Namen des Hauptdelikts erfaßt. Zudem kann die Registrierung von Straftaten, bei denen die Anzeige erst nach Jahren erfolgt, immer wieder zu Verzerrungen führen.

Schily & Co. irren sich, wenn sie meinen, daß sich solche grundsätzlichen Registrierungsprobleme durch zusätzliche Statistiken einfach ausgleichen lassen. Zumindest sollten Änderungen des Erfassungssystems gut begründet sein. Doch hinsichtlich der angestrebten Neuerungen bleibt vollkommen unklar, welchen zusätzlichen Erkenntniswert solche Zahlen für ein differenziertes Gesamtbild bieten könnten.

Es kann nur vermutet werden, daß bei dem Schnellschuß der Innenminister der immer noch große Handlungsdruck "gegen Rechts" eine erhebliche Rolle spielte. Doch selbst in diesem Falle wäre dieser Schritt überflüssig: Um die These von einer erheblichen Zunahme rechter Gewalt insbesondere in Mitteldeutschland zu stützen, reicht nach Ansicht zahlreicher Medien und Experten das erst jüngst vom Bundesminister vorgelegte Material nach alter Zählweise vollkommen aus.


 
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