© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/01 23. Februar 2001


Bürgerkriegstruppe
von Richard Stoltz

Peinlich, peinlich. Allerhöchste Prominenz war angereist, um im brandenburgischen Städtchen Forst "die erste Einsatztruppe des Bundesgrenzschutzes gegen den Rechtsextremismus" aus der Taufe zu heben: Bundesinnenminister Schily, Brandenburgs Ministerpräsident Stolpe (SPD), sein Innenminister Schönbohm (CDU), begleitet von einem riesigen Troß aus Medienvertretern. Im Hof der BGS-Inspektion salutierten die ersten Reihen der "Verstärkungseinheit Niederlausitz", eine schreckenerregende Ausstellung beschlagnahmter Waffen aus rechtsrextremistischen Kreisen war aufgebaut. Schönbohm pries als glorreiches Beispiel für den Einsatz der neuen Einheit die "Aktion Grenzcamp" vom letzten Sommer. Doch wieder einmal war alles Schwindel.

Die "vorbildliche Aktion Grenzcamp" hatte sich in Wirklichkeit nicht gegen Rechts-, sondern gegen Linksextremisten gerichtet. Die ausgestellten Waffen waren nicht rechtsextremistischen Schlägern abgenommen worden, sondern ausländischen Menschenschmugglern im Oder/Neiße-Gebiet. Und die angetretenen Kämpfer kamen gar nicht vom BGS, sondern waren brave lausitzische Polizisten, die dachten, sie seien zur Verstärkung des Grenzschutzes gegen Schlepperbanden abkommandiert. Sie fielen aus allen Wolken, als sie erfuhren, daß sie Vorhut einer künftigen Bürgerkriegsarmee sein sollten, dazu ausersehen, Jugendkonzerte aufzulösen und Jugendliche in auffälliger Kleidung durch permanente Ausweiskontrollen zu schikanieren. Aber Schily, Stolpe und Schönbohm hatten ihren Propaganda-Auftritt. Nur darauf kam es schließlich an.


 
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