© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/01 23. Februar 2001

 
Unter Druck
Kontenkündigungen: Viele konservative und rechte Verlage müssen sich gegen Kündigungen zur Wehr setzen
Moritz Schwarz / Steffen Königer

Konservative und rechte Verlage in Deutschland haben im Gegensatz zu linken und linksextremen Organisationen (JF 8/01 berichtete) schon seit geraumer Zeit unter wirtschaftlichen Diskriminierungen etwa durch Kontenkündigungen zu leiden. Die sieben in dem Bundesverfassungsschutzbericht von 1999 genannten Verlage haben samt und sonders mit solchen Kündigungen zu kämpfen. So teilt der Herausgeber der Zeitschrift Signal des "Europa vorn"-Verlages, Manfred Rouhs, auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit, nur mit einer einstweiligen Verfügung habe man sich gegen die Kündigung des Hauptgeschäftskontos vorerst wehren können. Die Hauptverhandlung steht im März an. Bereits 1996 war dem Kölner Verlag die Bankverbindung in der Stadt gekappt worden, weshalb das Konto 1998 nach Nürnberg verlegt werden mußte.

Dem Tübinger Grabert-Verlag – im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2000 gar nicht mehr erwähnt – schickte die Deutsche Bank die Kündigungspost ins Haus. Die Bank nannte keine Gründe, sondern berief sich statt dessen auf die Allgemeinen Geschäftsbedigungen. Danach können Konten ohne Angabe näherer Gründe gekündigt werden. Deshalb scheiterte Verlagschef Wiegbart Grabert auch mit seiner Klage vor dem Landgericht Stuttgart gegen die zum 30. April ausgesprochene Kündigung.

Einen Rückzieher machte die Postbank bei der Kündigung des Kontos von dem in Kiel ansässigen Arndt-Verlag. Wie der Chef des Unternehmens, Dietmar Munier, gegenüber der JUNGEN FREIHEIT erklärte, erfolgte keine nähere Erklärung, als der Verlag einen Tag vor der angesetzten Verhandlung die Nachricht erhielt, man könne das Konto weiterführen.

Anders verhält es sich beim Verlag "Nation und Europa" in Coburg, der die gleichnamige Monatszeitschrift herausgibt. Ihm kündigte Ende vergangenen Jahres nicht nur die Postbank die Konten, sondern auch noch "zwei weitere, private Banken", wie Harald Neubauer, Geschäftsführer des Verlages, gegenüber dieser Zeitung sagte. Zwar konnte auch hier eine einstweilige Verfügung gegen die Postbank erwirkt werden, doch anders als im Fall des Arndt-Verlages scheut die Postbank eine Auseinandersetzung vor Gericht nicht. Für den 8. März hat das Landgericht Nürnberg die Urteilsverkündung im Hauptsacheverfahren angekündigt.

Verfassungsschutzberichte bieten keine Grundlage

Auch "Nation & Europa" hatte bereits in der Vergangenheit mit dem Problem zu kämpfen: Anfang der neunziger Jahre war eine Klage des Verlages wegen des gekündigten Kontos gegen die Vereinsbank (heute Hypo Vereinsbank) in erster Instanz abgeschmettert worden. "Da die Empörung über solche Maßnahmen damals noch nicht so groß war, haben wir es vor zehn Jahren auf sich beruhen lassen", so Neubauer. Seinerzeit argumentierten die Richter, es gebe noch genug andere Banken, an die sich der Verlag wenden könne. "Das ist theoretisch schon richtig", räumt der Geschäftsführer ein, "aber so ist natürlich kein ordentlicher Geschäftsvekehr möglich." Dieses Mal will Neubauer im Fall einer Niederlage aber unbedingt in Berufung gehen.

Der Verlagsgemeischaft Berg (VGB) am Starnberger See, Herausgeber der Zeitschriften Deutsche Geschichte und Opposition, kündigten die Dresdner Bank und die Postbank Ende September 2000 die Konten. Gegen die Kündigung der Postbank setzte man sich zu Wehr und erstritt eine einstweilige Verfügung. Die Hauptverhandlung des Verlages war bereits am vergangen Montag. Verlagschef Gert Sudholt befürchtet nach dem Verlauf der lediglich dreißigminütigen Sitzung für die Urteilsverkündung am 30. März das schlimmste. Offenbar ließen die Richter bereits erkennen, daß sie eher der Argumentation des Postbank-Anwaltes als des Rechtsvertreters der VGB zuneigten: "Im Falle der JUNGEN FREIHEIT", so der gegenerische Anwalt nach Angabens Sudholts, "haben sich die Vorwürfe als nicht haltbar erwiesen."

"Bei uns dagegen", erklärt Sudholt weiter, "werden die Aussagen des Verfassungsschutzes als wahr unterstellt." Doch Sudholt will die Sache bis zum Ende ausfechten und notfalls bis vor den Bundesgerichtshof, ja bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen: "Der Verfassungsschutzbericht stellt eine einseitige Meinungsäußerung dar und ist deshalb als Entscheidungsgrundlage nicht statthaft", erläuterte der Verleger gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Betroffene würden im Zuge seiner Erstellung nicht gehört und somit "der Bürger zum Objekt", was der in Artikel 1 des Grundgesetzes verankerten Menschenwürde widerspreche.

Auch wehrlose Kleinstverlage geraten in den Schraubstock aus stichwortgebendem Verfassungsschutz und willig vollstreckenden Kreditinstituten. So kündigte die zur Commerzbank gehörende Commdirekt-Bank der im Selbstverlag erscheinenden Zeitschrift Sleipnir des Ein-Mann-Unternehmens "Verlag der Freunde" in Berlin im vergangen Jahr das Konto. In diesem Jahr folgten die Internetbank der Sparda, die Netbank. Andreas Röhler, Verleger und Herausgeber von Sleipnir ist enttüscht: Die Netbank habe mit dem Argument gekündigt, sie führe keine Geschäftskonten. "Das Konto war lediglich auf meinen Namen abgeschlossen– das stimmt aber nicht, einerseits steht davon tatsächlich nichts in den Geschäftsbedingungen, und zweitens habe ich mich erkundigt, andere Geschäftskonten führt die Bank durchaus", sagte Röhler. Außerdem habe die Bank ihn völlig im Unklaren gelassen, Überweisungen einfach nicht mehr ausgeführt. Die Kündigung sei schließlich überraschend und fristlos erfolgt. Als Röhler Rechtsmittel einlegte, wandelte man flugs die Kündigung in eine fristgerechte Vertragsauflösung um.

Sparkasse kündigt Konto der "Deutschen Konservativen"

Gelassen nimmt dagegen Hans-Dietrich Sander die Kündigung seiner Konten durch die Raiffeisen und die Maffei-Bank im Dezember vorigen Jahres hin. Der Publizist Sander, der in seinem Castel del Monte Verlag in seiner Privatwohnung in München die Zeitschrift Staatsbriefe herausgibt, weiß, daß die ihm gegenüber unverhohlen als ideologische Maßnahme offenbartte Kündigung ein Akt war, mit dem die Banken sich selbst enblößt haben. Wohl deshalb hat er darauf verzichtet, sich mit den Banken auch noch zu streiten. Sander erhebt nicht einmal einen moralischen Vorwurf, nüchtern referiert er auf JF-Anfrage lediglich die Ereignisse.

Doch nicht nur Institutionen, die sich im Verfassungsschutzbericht des Bundes wiederfinden, gelten den Banken als nicht geschaftswürdig. So wurde beispielsweise dem in Hamburg ansässigen Verein "Die deutschen Konservativen" mit seinem angeschlossenen Kinderhilfswerk "Aktion Reiskorn" von der Hamburger Sparkasse die Geschäftsbeziehungen gekündigt. Der Verein, dem der ehemalige Berliner Innesenator Heinrich Lummer (CDU) als Ehrenpräsident vorsteht, geht für seine Interessen auf die Barrikaden. In einem Brief an die Sparkasse heißt es, es sei "schlicht und einfach unanständig, wenn sie uns erst regelrecht anlocken, mit einer Vielzahl von Telefonaten umgarnen und uns dann von heute auf morgen vor die Tür setzen". Bei Eröffnung der Konten hätten dem Kreditinstitut "alle Unterlagen (...) über die deutschen Koservativen, etc. vorgelegen". Der Vorsitzende des Vereins, der ehemalige Cefreporter der Hörzu, Joachim Siegerist, bietet der Bank weiterhin eine gütliche Einigung an, sollte die Sparkasse alle durch die Maßnahme entstehenden Kosten für den Verein übernehmen. Ansonsten droht Siegerist, "öffentliche Proteste einzuläuten".

Den Grund für die Unsicherheit der Banken erblickt Nation & Europa-Geschäftsführer Harald Neubauer in der Unsicherheit der Gerichte: "Die Verfassungväter konnten sich nicht vorstellen, daß so etwas wieder möglich sein würde, daher stochern die Gerichte heute im Nebel", sagte er der JF.


 
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