© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/01 23. Februar 2001

 
Meldungen

Bürgermeister von New York will Zensur

NEW YORK. Der New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani will eine "Kommission für Anstand" ins Leben rufen, an der sich alle mit Steuergeldern geförderten Kultureinrichtungen orientieren sollen. Anlaß für Giulianis Ankündigung ist die Darstellung einer nackten schwarzen Frau als Jesus Christus in einer New Yorker Kunstausstellung. Das Gremium werde "Standards für Schicklichkeit" ausarbeiten, erklärte Giuliani nach New Yorker Medienberichten vom vergangenen Freitag. Die Ankündigung stieß sofort auf scharfe Kritik. "Das klingt wie Berlin 1939", sagte der Bürgermeister des Stadtbezirks Bronx, Fernando Ferrer, der New York Times. Philippe de Montebello, Direktor des Metropolitan Museum of Art, sagte, die Bildung der Zensur-Kommission untergrabe die "Reputation New Yorks als Welthauptstadt der Kultur". Die Maßnahme des streng katholischen Bürgermeisters war durch eine Foto-Installation der Künstlerin Renee Cox im Brooklyn Museum of Art ausgelöst worden. Sie selbst ist auf dem großformatigen Bild mit dem Titel "Yo Mama’s Last Supper" nackt in Jesu-Pose umgeben von zwölf schwarzen Aposteln zu sehen. "Ich werde sehen, welche Strafen dafür zur Verfügung stehen", sagte der Bürgermeister, als er vom dem Bild erfuhr. Es ist Bestandteil einer Ausstellung mit Arbeiten von 94 schwarzen Fotografen.

 

Sloterdijk: Philosophen sollen provozieren

MANNHEIM. In der aktuellen Gen-Debatte sollten Philosophen nach Ansicht von Peter Sloterdijk die Aufgabe der "gezielten Provokation" übernehmen. Geisteswissenschaftler seien gerade angesichts des derzeitigen Aufschwungs der Naturwissenschaften gefragt, an der Schärfung der Urteilskraft zu arbeiten, sagte der Philosophieprofessor vergangenen Mittwoch in einer Podiumsdiskussion in Mannheim. Der Rektor der Karlsruher Hochschule für Gestaltung hatte 1999 mit einer umstrittenen Rede "Regeln für den Menschenpark" eine Gen-Debatte in den deutschen Feuilletons entfacht. Zur Arbeit an der "Regeneration der Urteilskraft" gehöre unter anderem die "gezielte Provokation", sagte Sloterdijk. Ebenso notwendig sei es aber auch, Fehlhaltungen zu beschreiben und einzudämpfen. "Wir brauchen eine Art moralisches Emissionsschutzgesetz, um den Ausstoß von moralischen Unerträglichkeiten zu regulieren", sagte Sloterdijk. Die traditionelle Zweiteilung in Natur- und Geisteswissenschaften werde in einem neuen "Biokulturalismus" aufgehoben. "Wir werden auch den biotechnischen Subjektivismus überwinden", sagte er. Zur Not könnten die Philosophen der Zukunft immer noch als Therapeuten gescheiterter Gentechniker


 
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