© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/01 02. März 2001

 
Meldungen

Neuer Quellenfund zum Thema Sowjet-Gefangene

MÜNCHEN. Christian Hartmann, Biograph des Generalstabchefs Franz Halder, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte und zur Zeit im Rahmen des Projekts "Wehrmacht in der NS-Diktatur" mit einer vergleichenden Divisionsgeschichte für den Bereich der Ostfront beschäftigt, unterrichtet die Leser der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte (Heft 1/01) über einen erstaunlichen Aktenfund. Es handelt sich um das Tagebuch von Johannes Gutschmidt (1876–1961), einem 1939 reaktivierten monarchistischen Offizier, der zwischen 1941 und 1944 Kommandant von zwei großen Durchgangslagern für sowjetische Kriegsgefangene war. Gegen den von Jan Ph. Reemtsma geförderten Historikerkollegen Christian Gerlach, der der Wehrmacht eine "gezielte Vernichtung" der Kriegsgefangenen anlastet, kann Hartmann anhand dieser Quelle schlüssig darlegen, daß von einem "strategisch geplanten, staatlich organisierten Massenmord" an Soldaten der Roten Armee keine Rede sein könne.

 

Humboldt des Nordens: Karl Ernst von Baer

GIESSEN. Auf der estnischen Zwei-Kronen-Note geht sein Konterfei von Hand zu Hand, in Dorpat hat man ihm das einzige Museum gewidmet, das in Estland einen Wissenschaftler erinnernd ehrt. Die Rede ist von dem Deutschbalten Karl Ernst von Baer (1792–1876), neben Darwin und Alexander von Humboldt einer der großen Naturforscher des 19. Jahrhunderts, Begründer der modernen Embryologie und Entwicklungsbiologie, der als Hochschullehrer in Königsberg, St.Petersburg und Dorpat gewirkt hat. Der junge estnische Wissenschaftshistoriker Erik Tammiksaar, Leiter des Baer-Museums, stellt im Wissenschaftsmagazin der Gießener Universität, Spiegel der Forschung (2/00) seine Arbeiten am wissenschaftlichen Nachlaß des Gelehrten vor, den die Gießener Universitätsbibliothek verwahrt. Tammiksaar weist auf die noch ungehobenen Schätze der 4.500 Briefe umfassenden Korrespondenzbände hin, betont aber besonders die Bedeutung des Manuskriptbestandes, zu dem auch die erste Forschungsarbeit über Dauerfrostböden in Sibirien zählt.

 

Geschichte der Juden in preußischen Provinzen

WIEN. In dem von Bundesinnenministerium, Deutscher Forschungsgemeinschaft und Hessischem Kultusministerium finanziell geförderten Periodikum Aschkenas. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden (Heft 1/00) stellt die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften ein von Stefi Jersch-Wenzel geleitetes Projekt zur Geschichte der Juden in den preußischen Ostprovinzen zwischen 1772 und 1945 vor. In Anbetracht der Tatsache, daß in diesen Gebieten zwei Drittel aller preußischen Juden und ein Drittel aller deutschen Juden lebten, die ihre Tradition und Kultur in die deutsche eingebracht hätten, sei hier ein großes Forschungsfeld zu bestellen. Zur Zeit werde daher ein Inventar aller in polnischen Archiven verwahrten Akten zur Geschichte der Juden in Preußen erstellt.

 

Königsberg aktuell: Zur Zukunft der Enklave

BONN. Aus "historischen Gründen" wolle sich Deutschland, so ließ Außenminister Fischer neulich verlauten, im Königsberger Gebiet nicht engagieren. Dieses Kontaktverbot scheint die deutsche Publizistik augenblicklich ostentativ zu ignorieren. So findet man in den linksliberalen Blättern für deutsche und internationale Politik (Heft 1/01) eine sehr detaillierte Analyse von Heinz Timmermann zur Lage im nördlichen Ostpreußen, das durch die EU-Osterweiterung plötzlich die Aufmerksamkeit Brüsseler Bürokraten gefunden hat, die eine "Europäisierung" der Enklave planen.


 
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